Geburtshilfe Frauenheilkd 2021; 81(06): e31-e32
DOI: 10.1055/s-0041-1730769
Abstracts
MGFG

Reaktive Arthritis bei Tuboovarialabszess im Sinne eines inkompletten urethro‐okulo‐synovialen Syndroms (ehemals Reiter-Syndrom)

JM Beiersdorf
Universitätsfrauenklinik, Leipzig, Deutschland
,
A Herrmann
Universitätsfrauenklinik, Leipzig, Deutschland
,
B Aktas
Universitätsfrauenklinik, Leipzig, Deutschland
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Fragestellung Die reaktive Arthritis stellt eine seltene Komplikation von Chlamydieninfektionen dar. Das Vollbild dieser Erkrankung bezeichnet man als urethro‐okulo‐synoviales Syndrom und beschreibt das gemeinsame Auftreten der Symptom-Trias Arthritis, Urethritis und Konjunktivitis. Anhand eines Fallbeispiels demonstrieren wir die Relevanz des Krankheitsbildes in der klinischen Praxis.

Methodik Wir berichten den Fall einer 28-jährigen Patientin, welche in der Universitätsfrauenklinik Leipzig aufgrund eines 8 x 5 x 4 cm großen Tuboovarialabszesses behandelt wurde. Zunächst erfolgte ein konservatives Management mit antibiotischer Therapie, worunter sich die Beschwerden merklich besserten. Nebenbefundlich klagte die Patientin über Schmerzen und eine Schwellung im linken Sprunggelenk, welche zunächst auf ein Distorsionstrauma zwei Wochen zuvor zurückgeführt wurden. Bei der poststationären Verlaufskontrolle vier Wochen nach der initialen Vorstellung berichtete die Patientin von einer Regredienz der Unterbauchbeschwerden und einer Progredienz der Sprunggelenksschmerzen. Beide Sprunggelenke zeigten sich nun gerötet und geschwollen, das Laufen war zunehmend schwierig und nur mit Unterarmgehstützen möglich. Sonographisch zeigte sich die Abszessformation im Unterbauch unverändert zum Vorbefund. Wir indizierten eine operative Abszesssanierung und stellten uns die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen der Oligoarthritis und dem Tuboovarialabszess bestehen könnte.

Ergebnisse In Zusammenschau der Befunde einer Oligoarthritis in zeitlichem Zusammenhang mit dem Tuboovarialabszess, wurde der Verdacht auf ein inkomplettes urethro-okulo-synoviales Syndrom und somit die Indikation zur zeitnahen operativen Sanierung des Tuboovarialabszesses gestellt. Zusätzlich konnte bei der erneuten stationären Aufnahme ein nitritnegativer Harnwegsinfekt bei Dysurie nachgewiesen werden, welcher am ehesten ebenfalls Teil der Syndrom-Symptomatik war. Sowohl der initiale intrazervikale als auch der intraoperativ durchgeführte mikrobiologische Abstrich ergaben keinen Nachweis pathologischer Erreger, eine Chlamydienserologie wies jedoch auf eine akute Infektion hin (IgG und IgA positiv). Postoperativ waren die Beschwerden in den Fußgelenken beidseits bereits deutlich regredient, die Patientin konnte sich mit Hilfe von Physiotherapie wieder mobilisieren und selbstständig laufen.

Zusammenfassung Da in circa 20 Prozent der Fälle ein Übergang in eine chronische rheumatische Erkrankung möglich ist, hat die Diagnose eines urethro-okulo-synovialen-Syndroms und somit die Möglichkeit der frühzeitigen rheumatologischen Mitbetreuung eine direkte Konsequenz für die Patientinnen und sollte sowohl bei Mono- als auch Oligoarthritis in Zusammenhang mit einem Tuboovarialabszess unbedingt bedacht und erkannt werden. Da Chlamydienabstriche häufig falsch negativ sind, kommt der Serologie eine wichtige Bedeutung zu.



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Article published online:
01 June 2021

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