Geburtshilfe Frauenheilkd 2021; 81(06): e9-e10
DOI: 10.1055/s-0041-1730468
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin

Medikamentöse Therapie mit Mifepriston und Misoprostol: ist dieses Therapieschema auch bei Schwangerschaften nach assistierten Reproduktionsverfahren effektiv? Eine retrospektive Analyse

V Colleselli-Türtscher
1   Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
M Hafenmayr
2   Universitätsklinik für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
M Trinker
2   Universitätsklinik für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
T Bartosik
2   Universitätsklinik für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
T Nell
2   Universitätsklinik für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
A Ciresa-König
1   Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
B Firulovic
1   Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
B Toth
2   Universitätsklinik für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
B Seeber
2   Universitätsklinik für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
› Author Affiliations
 

Einleitung In den letzten Jahren hat sich die medikamentöse Behandlung bei gestörter Frühschwangerschaft (EPF – „early pregnancy failure“) mit Misoprostol alleine oder in Kombination mit Mifepriston als sichere und effektive Alternative zur chirurgischen Behandlung etabliert [1]. Bislang gibt es in der Literatur jedoch nur eine Publikation, die diese Behandlung für das spezielle Kollektiv der Schwangerschaften nach assistierten Reproduktionsverfahren (ART – „artificial reproductive technology“) evaluiert hat [2].

Material und Methodik In diese Analyse haben wir alle Patientinnen eingeschlossen, die sich zwischen März 2013 und Februar 2020 bei EPF bis zur einschließlich 13. Schwangerschaftswoche primär für eine medikamentöse Therapie entschieden haben. Die Behandlung erfolgte nach folgendem Kombinationsschema: 200 mg Mifepriston oral ambulant verabreicht, gefolgt von 800 mcg Misoprostol vaginal appliziert nach 36-48 Stunden in einem tagesklinischen Setting mit Überwachung für mind. 8 h bzw. bis zur sonographischen und klinischen Evaluierung nach Gewebeabgang. Die Therapie wurde als erfolgreich gewertet, wenn keine chirurgische Therapie im Verlauf notwendig war. Die Daten zu diesen Fällen wurde retrospektiv aus der elektronischen Krankenakte erhoben.

Ergebnisse Im Untersuchungszeitraum konnten wir 809 Fälle an unserer Klinik identifizieren, welche die Einschlusskriterien erfüllten. In diesem Kollektiv zeigte sich für die Kombinationstherapie aus Mifepristone und Misoprostol eine Gesamterfolgsrate von 90% (n=727). 11 % (n = 92) der untersuchten Schwangerschaften traten nach ART ein, wobei in diesem Kollektiv in 52% (n=48) ein frischer Embryotransfer und in 47% (n=43) ein Embryotransfer nach vorherige Kryokonservierung durchgeführt wurde. Im Gruppenvergleich zwischen Spontanschwangerschaften und Schwangerschaften nach ART zeigte sich kein Unterschied im Therapieerfolg – in beiden Gruppen lag die Erfolgsrate bei 90% (spontan n=639/716; Z.n. ART n=83/92; p=0.884). Gleich hoch zeigte sich die Erfolgsrate auch im Vergleich nach Art des Embryotransfers (frisch 90%; Z.n. Kryokonservierung 91%, p=0.932). In 485 Fällen (60%) war die Zeit bis zum Gewebeabgang dokumentiert: diese betrug durchschnittlich 4.98 Stunden (±2.14; Min 0.25, Max 17.5). Eine interimistische logistische Regressionsanalyse zeigte, dass nur das sonographisch bestimmte Gestationsalter Einfluss auf den Therapieerfolg nimmt (p=0.035, Regressionskoeffizient B =-0.45; Odds Ratio Exp (B)=0.638); nicht aber andere Parameter wie Alter, Parität, oder rechnerisches Gestationsalter. Als häufigste Nebenwirkung wurde ein Bedarf an zusätzlicher Schmerzmedikation (31%) angegeben. Es traten keine allergischen Reaktionen auf. Die Rate an transfusionsbedürftiger Blutung lag bei 0,1% (n=1). 3 Patientinnen benötigten im Verlauf eine antibiotische Therapie (0,3%, n=3).

Zusammenfassung Die medikamentöse Therapie bei gestörter Frühschwangerschaft stellt eine effektive Behandlungsmethode dar und kann auch Frauen mit Schwangerschaften, die nach ART eingetreten sind angeboten werden. Schwere Komplikationen treten sehr selten auf und können im tagesklinischen Setting gut gehandhabt werden. Die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Behandlung nimmt mit steigendem sonographisch geschätztem Gestationsalter ab. Weitere Einflussfaktoren auf den Therapieerfolg konnten nicht ermittelt werden.

Interessenskonflikt Keiner, wissenschaftliche Studie ohne spezielle Finanzierung.



Publication History

Article published online:
02 June 2021

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