physiopraxis 2016; 14(02): 18-22
DOI: 10.1055/s-0041-111086
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


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Publication Date:
19 February 2016 (online)

Craniomandibuläre Dysfunktion – Wirksamkeit manueller Techniken

Bei Patienten, die mit einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) in die Praxis kommen, lassen sich mithilfe manueller Therapiemethoden Schmerzen lindern und die Mundöffnung verbessern. Ein Forscherteam aus Brasilien und Spanien überprüfte nun in einem systematischen Review, welche Behandlungstechniken dabei wirksam sind.

Durch eine Literaturrecherche in fünf Datenbanken fanden die Wissenschaftler acht randomisierte, kontrollierte Studien aus den letzten 20 Jahren. Sieben dieser Studien hatten auf der PEDro-Skala eine ausreichende Qualität, dabei muss der Wert bei fünf oder mehr liegen. Die Probanden hatten alle eine CMD, teilweise klagten sie zusätzlich über Nacken- und/ oder Kopfschmerzen. Die Patienten waren zwischen18 und 65 Jahre alt, vorwiegend nahmen Frauen an der Studie teil (63 Prozent). Ausschlusskriterien waren unter anderem Traumen, Frakturen, rheumatische Erkrankungen und Arthritiden.

Die Einzelstudien untersuchten den Effekt von manuellen Techniken am Kiefergelenk, zum Beispiel Translation, manuelle Triggerpunkt-Behandlungen, myofasziale Techniken und Massagen an der Kaumuskulatur. Auch Übungen, die die Bewegungsfazilitation und Koordination verbessern sollen, überprüften die Wissenschaftler auf ihren Nutzen hin. Des Weiteren kamen in einigen Studien zervikale und thorakale Manipulationen zum Einsatz. Diese manuellen Techniken verglichen die Forscher mit alternativen Therapien wie Botulinumtoxin für den M. masseter, Aufbissschienen oder Placebobehandlungen. Gemessene Outcomes waren die maximale Mundöffnung, die Schmerzstärke und Druckschmerzschwelle der Kaumuskulatur.

Die Auswertung der Forscher ergab, dass Manipulation oder Mobilisation der oberen HWS und myofasziale Techniken und Massagen an der Kaumuskulatur die Mundöffnung verbessern und Schmerzen reduzieren. Gleiches gilt für die Triggerpunkt-Behandlungen, die Translation am Kiefergelenk, Bewegungsfazilitation und Koordinationsübungen. Alle genannten Therapiemaßnahmen waren effektiver als die Placebobehandlung. Kein signifikanter Unterschied besteht zwischen der Therapie mit Botulinumtoxin für den M. masseter und myofaszialen Techniken: Beide vergrößern die maximale Mundöffnung und verringern die Schmerzstärke. Für thorakale Manipulationen konnten das Forscherteam keinen Nutzen nachweisen.

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Zur Kaumuskulatur im engeren Sinne zählt man vier Muskeln: M. masseter und M. temporalis, die zu den oberflächlichen Kaumuskeln (a) gehören, sowie die Mm. pterygoideus medialis und lateralis, welche die tiefe Schicht
Die primäre Funktion dieser Muskeln ist der Mundschluss und die Mahlbewegung des Unterkiefers gegen den Oberkiefer. Alle heben die Mandibula und schließen so den Mund.

Abb. a: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas derAnatomie. Kopfund Neuroanatomie. Illustrationen von M. Voll. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2009
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Zur Kaumuskulatur im engeren Sinne zählt man vier Muskeln: M. masseter und M. temporalis, die zu den oberflächlichen Kaumuskeln (b) der Kaumuskulatur bilden.
Die primäre Funktion dieser Muskeln ist der Mundschluss und die Mahlbewegung des Unterkiefers gegen den Oberkiefer. Alle heben die Mandibula und schließen so den Mund.

Abb. b: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas derAnatomie. Kopfund Neuroanatomie. Illustrationen von M. Voll. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2009

Die Autoren weisen darauf hin, dass die Studien durch ihre Heterogenität schwer zu vergleichen waren: Manche Probanden erhielten drei Therapiesitzungen, andere mehr. Die Behandlungsfrequenz war unterschiedlich und die Beschreibung der Techniken teilweise unpräzise. Auch der Zeitpunkt für das Follow-up unterschied sich zwischen den Einzelstudien stark. Sie plädieren daher für weitere Untersuchungen, um die Relevanz der Manuellen Therapie für Patienten mit CMD genauer zu beleuchten.

ap

J Oral Rehabil 2015; 42: 847–861