Laryngorhinootologie 2016; 95(01): 47
DOI: 10.1055/s-0041-109810
Nachruf
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Nachruf auf Prof. Dr med. Klaus Jahnke

K. Jahnke
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Publication Date:
12 January 2016 (online)

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K. Jahnke

Am 3. November 2015 verstarb Professor Dr. med. Klaus Jahnke.

Sein Berufswunsch war ihm bereits in die Wiege gelegt, denn auch sein Vater war Arzt. Aufgewachsen in West-Berlin, studierte er zunächst an der Freien Universität Berlin, der Universität in Basel und in Hamburg, wo er 1967 promovierte. Nach seiner Zeit als Medizinalassistent befasste er sich zunächst als wissenschaftlicher Assistent am Anatomischen Institut der MHH mit elektronenmikroskopischen Techniken. Seine HNO-ärztliche Laufbahn begann er 1969 an der Univ.-HNO-Klinik Köln unter Prof. Dr. Dr. Fr. Wustrow. Seine wissenschaftliche Neugier auf dem Gebiet der Mittel- und Innenohrphysiologie führte ihn 1975 als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft an das II. Physiologische Institut des Karolinska-Instituts (Prof. Å. Flock) und an die HNO-Klinik des Karolinska-Krankenhauses (Prof. C.A. Hamberg und Prof. J. Wersäll) in Stockholm. 1976 habilitierte er mit dem Thema „Zur Feinstruktur und Funktion der Permeabilitätsbarrieren des Innenohres“. Im selben Jahr wurde er zum Oberarzt ernannt. Von 1977–1987 war er in dieser Funktion an der Univ.-HNO-Klinik Tübingen unter seinem akademischen Lehrer Prof. Dr. D. Plester tätig, dessen otologische Prinzipien ihn überaus stark prägten.

1980 wurden seine wissenschaftlichen Verdienste von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V., mit dem renommierten Anton-von-Tröltsch-Preis gewürdigt, im selben Jahr erfolgte die Ernennung zum Professor. 1981 schloss sich ein Stipendium der Else-Übelmesser-Stiftung für einen Forschungs- und Informations-Aufenthalt an nordamerikanischen Zentren der Kopf- und Hals-Tumorchirurgie an. 1985 lehrte er als Gastprofessor an der University of Texas in Houston.

1987 übernahm er kommissarisch die Leitung der Univ.-HNO-Klinik Gießen, einen Ruf an die Medizinische Fakultät Gießen im Jahr 1989 lehnte er jedoch ab. Im selben Jahr folgt er schließlich dem Ruf an die Universitäts-HNO-Klinik der Medizinischen Fakultät Essen, deren Direktor er bis 2006 blieb.

Prof. Dr. Klaus Jahnke war eine internationale Kapazität auf dem Gebiet der Ohrenheilkunde. Ihm sind weltweit anerkannte Ergebnisse der Elektronenmikroskopie des Hörorgans zu verdanken, die als wegweisende Pionierleistungen anerkannt wurden. Wesentliche Beiträge für die Mikrochirurgie des Ohres gehen auf ihn zurück: Wenn heute hörverbessernde Mittelohrimplantate aus dem Arsenal der modernen Ohrchirurgie nicht mehr wegzudenken sind, sind diese auch auf ihn als Wegbereiter zurückzuführen. Mit unermüdlichem Engagement hat er nach seiner Emeritierung sein Wissen auf dem Gebiet der Mittelohr- und Stapeschirurgie auf nationalen und internationalen Kongressen und OP-Kursen weitergegeben und unser Fach entscheidend geprägt.

Seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen spiegeln sich in seinen akademischen Mitgliedschaften und Auszeichnungen wider: Er war Mitglied des Präsidiums der European Federation of Otorhinolaryngologic Societies (EUFOS) und International Federation of Otorhinolaryngological Societies (IFOS) sowie des Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, zu deren Präsident er 1999 gewählt wurde. Zudem war er Mitglied des Präsidiums der Politzer-Society und Präsident der European Academy of Otorhinolaryngology, Head and Neck Surgery. 2002 erhielt er den Golden Award und die Goldmedaille der International Federation of Otorhinolaryngological Societies (IFOS), seit 2008 war er Ehrenmitglied der DGHNO, seit 2009 auch der European Academy of Otorhinolaryngology, Head and Neck Surgery.

Sein innovativer Forscherdrang und sein profundes Wissen gepaart mit menschlicher und fachlicher Souveränität machten ihn sowohl bei seinen Patienten, seinen Mitarbeitern und Studenten als auch innerhalb der nationalen und internationalen wissenschaftlichen Fachgesellschaften zu einem hoch angesehenen Gesprächspartner. Klaus Jahnke war Arzt, Wissenschaftler und akademischer Lehrer aus Passion. Dem humanistischen Bildungsideal verpflichtet, war er als Klinikdirektor mit einer heutzutage selten gewordenen, dem Amt aber angemessenen professoralen Würde und Empathie tätig und dabei stets geleitet von einem hohen Anspruch an Gerechtigkeit.

Für uns, die wir Abschied nehmen, erwuchs aus einem fruchtbaren Zusammenspiel von beruflicher Arbeit und vertrauensvollem privaten Umgang eine feste und aufrichtige Freundschaft. In schwierigen Entscheidungen war er uns dank seines sicheren Urteilsvermögens ein verlässlicher Ratgeber. In all den Fragen, die die Welt bewegen, war er dank seiner universellen Bildung – insbesondere seiner historischen und geografischen Kenntnisse – ein fundierter Gesprächspartner.

In tiefer Trauer und mit großem Respekt verneigen wir uns vor einem großartigen Menschen und Arzt, der mit seinem medizinisch-wissenschaftlichen Lebenswerk unser Fach entscheidend geprägt hat. Abschied nehmen heißt auch, sich an die schönen Momente zu erinnern, sie nicht zu vergessen und dankbar zu bewahren. Und so mischt sich in all die Trauer auch frohe Dankbarkeit. Frohe Dankbarkeit, Klaus Jahnke gekannt zu haben, ihm nah gewesen zu sein.

In ehrenvollem Gedenken werden wir sein akademisches Vermächtnis in seinem Sinne weiterführen.

Prof. Dr. Stephan Lang
Prof. Dr. Martin Schrader