Übersicht
Ätiologische Modelle der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) gehen von einer multikausalen
Entstehung aus, wonach dispositionelle Faktoren mit aversiven Kindheitserlebnissen
interagieren. Hohe Raten traumatischer Kindheitserfahrungen wurden bereits in einer
Vielzahl von Studien nachgewiesen. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, ein
System zu entwickeln, mit dessen Hilfe verschiedene Kategorien von Bindungstraumata
anhand des Adult Attachment Interviews (AAI) spezifischer analysiert werden können. Das Kategoriensystem wurde bei 53 BPS-Patientinnen
durch zwei voneinander unabhängige RaterInnen angewandt und wies eine zufriedenstellende
Interrater-Reliabilität auf. Signifikante Übereinstimmungen mit den Dimensionen des
AAI belegten die Konstrukt-Validität. So konnten der Schweregrad der Traumatisierung
insgesamt sowie der Schweregrad des sexuellen Missbrauchs und der körperlichen Misshandlung
zwischen Patientinnen mit organisierter und desorganisierter Bindungsrepräsentation
im AAI differenzieren. Der Schweregrad der Traumatisierung und des sexuellen Missbrauchs
zeigten weiterhin einen signifikanten Zusammenhang mit einem niedrigeren psychosozialen
Funktionsniveau, einem niedrigeren Strukturniveau und dem Vorliegen einer komorbiden
Posttraumatischen Belastungsstörung. Es wurde gezeigt, dass Art und Schweregrad der
Traumatisierung anhand der Narrative des AAI in Form eines dimensionalen trauma loads untersucht werden können und Zusammenhänge zwischen dem Schweregrad der Traumatisierung
und dem Ausmaß der Psychopathologie bei Patientinnen mit BPS bestehen.
Schlüsselwörter
Adult Attachment Interview (AAI) - Bindungsrepräsentation - Borderline-Persönlichkeitsstörung
- sexueller Missbrauch - Traumatisierung