Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(10): e264-e265
DOI: 10.1055/s-0040-1718325
Poster
Mittwoch, 7.10.2020
Case-Report II

Akute lymphoblastische Leukämie – eine extrem seltene Differentialdiagnose bei Anämie in der Schwangerschaft

S Torka
1   Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
J Winkler
1   Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
K Trautmann-Grill
2   Medizinische Klinik und Poliklinik I der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
P Wimberger
1   Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
C Birdir
1   Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland
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Hintergrund Die Prävalenz der Anämie in der Schwangerschaft beträgt zwischen 5,4 % in Industrieländern und 80 % in Entwicklungsländern. 75 % der Anämien in der Schwangerschaft sind durch Eisenmangel bedingt.

Akute lymphoblastische Leukämien (ALL) stellen eine Differentialdiagnose dar.

Material und Methode Es erfolgt die Vorstellung eines extrem seltenen Falles einer im dritten Schwangerschaftstrimenon diagnostizierten ALL.

Fallbericht Die 28-jährige Patientin (I. Gravida) wurde in der 33+1. SSW. mit einer symptomatischen Anämie (Hb 5,0mml/l, Hkt 0,22 %) zur weiteren Abklärung eingewiesen. Sonographisch zeigte sich ein SGA-Fet mit normalen Dopplerwerten und unauffälligem Kardiotokogramm.

12 Jahre zuvor erkrankte die Patientin an einem Osteosarkom des Kiefers, welches zunächst reseziert und anschließend chemotherapeutisch behandelt wurde.

Laborchemisch zeigte sich eine hyporegenerative (Retikulozyten 9,1Gpt/l), normochrome, normozytäre Anämie mit hochgradiger Hämolyse (LDH 5,37µmol/s*l, Haptoglobin < 0,1g/l), während Thrombozyten und Leukozyten normwertig waren. Ferritin (254,4µg/l) und Transferrinsättigung (55,3 %) waren erhöht. Der Coombs-Test war negativ. Im Differentialblutbild zeigten sich 23 % Blasten. Mittels Durchflusszytometrie konnte aus dem peripheren Blut eine common-B-ALL diagnostiziert werden. Zur Komplettierung der Diagnostik erfolgte eine Knochenmarkspunktion. Interdisiziplinär entschieden sich Hämatologen, Gynäkologen und Neonatologen für eine vorzeitige Entbindung nach Abschluss der ANS-Prophylaxe. Die Patientin wurde nach Weheninduktion mit Misoprostol in der 34+1. SSW ein gesundes Frühgeborenes per Spontanpartus (1950g, Apgar 8-9-9) entbunden. Anschließend wurde die Vorphasetherapie mit Dexamethason weitergeführt und eine Chemotherapie im Rahmen der GMALL-Studie begonnen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels befindet sich die Patientin unter laufender Therapie.

Schlussfolgerung Bei vorhandener Anämie in der Schwangerschaft und unzureichendem Anstieg des Hämoglobinwertes nach oraler Eisensubstitution sollten Differentialdiagnosen in Betracht gezogen und abgeklärt werden.



Publication History

Article published online:
07 October 2020

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