Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(10): e144
DOI: 10.1055/s-0040-1717991
Poster
Mittwoch, 7.10.2020
Pränatal- und Geburtsmedizin IV

Die vorherrschende Lichtverschmutzung erhöht das Risiko für ein schlechtes neonatales Outcome – eine retrospektive Kohortenstudie

K Windsperger
1   Medizinische Universität Wien, Frauenheilkunde, Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Wien, Österreich
,
H Kiss
1   Medizinische Universität Wien, Frauenheilkunde, Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Wien, Österreich
,
W Oberaigner
2   Institut für Public Health, Medical Decision Making und HTA, Hall i.T., Österreich
,
H Leitner
3   Institut für klinische Epidemiologie, Innsbruck, Österreich
,
F Binder
4   Institut für Astrophysik, Wien, Österreich
,
D Muin
1   Medizinische Universität Wien, Frauenheilkunde, Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Wien, Österreich
,
P Fößleitner
1   Medizinische Universität Wien, Frauenheilkunde, Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Wien, Österreich
,
P Husslein
1   Medizinische Universität Wien, Frauenheilkunde, Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Wien, Österreich
,
A Farr
1   Medizinische Universität Wien, Frauenheilkunde, Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Wien, Österreich
› Author Affiliations
 

Zielsetzung Ein bisher wenig beachtetes Umweltproblem ist die Aufhellung des Himmels durch künstliches Licht (Lichtverschmutzung/LV). Im Detail, betrifft die LV derzeit mehr als 80% der Weltbevölkerung, nimmt stetig zu und ist mit negativen gesundheitlichen Effekten (z.B. erhöhte Inzidenz an Krebserkrankungen) assoziiert. Eine detaillierte Erforschung der Auswirkungen dieses neuartigen Phänomens auf das geburtshilfliche Outcome ist derzeit noch ausständig und stellt somit das Studienziel dar.

Methoden Die multizentrische Kohortenstudie wurde retrospektiv durchgeführt. Es wurden Geburten vom 1.1.2008-31.12.2016 mit ≥23+0 Schwangerschaftswochen und einem Geburtsgewicht ≥500g inkludiert. Das Ausmaß der LV wurde in 3 Kategorien unterteilt: 0 bis <  0.688mcd/m2 (schwache LV), 0.688 bis <  3mcd/m2 (mittlerer LV) und 3 bis <  10mcd/m2 (starke LV). Analysiert wurden der Einfluss der LV auf die Geburtsdauer sowie auf das neonatale Outcome, definiert als 5-Minuten Apgar Wert <  7 und/oder einem Nabelschnur pH-Wert <  7.2.

Ergebnisse Von insgesamt N=445.376 Geburten fanden 67.6% in Regionen mit schwacher, 23.3% in Regionen mit mittlerer und 9.1% in Regionen mit starker LV statt. Interessanterweise, zeigte sich die Geburtsdauer in Gebieten mit starker LV signifikant verkürzt (p <  0.0001). Unter Berücksichtigung von relevanten Covariablen erhöhte eine starke LV, sowohl am Tag (OR, 1.10; 95% Konfidenzintervall, 1.06-1.14; p <  0.0001), als auch in der Nacht (OR, 1.16; 95% Konfidenzintervall, 1.12-1.21; p <  0.0001) das Risiko für ein schlechtes neonatales Outcome signifikant.

Zusammenfassung Erstmalig beschreibt die vorliegende Studie detailliert die negativen Effekte der LV auf das geburtshilfliche, v.a. neonatale Outcome. Sie soll daher das Bewusstsein für dieses neuartige Umweltproblem stärken und die Einleitung eines Paradigmenwechsels fördern.



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Article published online:
07 October 2020

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