Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(10): e133
DOI: 10.1055/s-0040-1717957
Poster
Mittwoch, 7.10.2020
Pränatal- und Geburtsmedizin III

Rote-Hand-Brief zum Einsatz von Modafinil in der Schwangerschaft – berechtigte Warnung?

W Paulus
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie, Ulm, Deutschland
,
U Friebe-Hoffmann
2   Universitätsfrauenklinik Ulm, Ulm, Deutschland
,
W Janni
2   Universitätsfrauenklinik Ulm, Ulm, Deutschland
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Zielsetzung Das Psychostimulans Modafinil wird bei Erwachsenen zur Behandlung einer Narkolepsie verwendet. In einem Rote-Hand-Brief vom 09.05.2019 warnen die Zulassungsinhaber vor einem Einsatz in der Schwangerschaft, weil in einem bislang nicht publizierten Firmenregister der Verdacht auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko aufgekommen sei.

Material/Methoden Im Rahmen einer prospektiven Follow-up-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1998 und 2018 zehn Schwangerschaften dokumentiert, die unter mütterlicher Therapie mit Modafinil eingetreten waren. Nach Feststellung der ungeplanten Schwangerschaften wurde unser Zentrum von den betreuenden Fachärzten im Hinblick auf ein mögliches teratogenes Risiko kontaktiert. Drei Monate nach dem errechneten Entbindungstermin erhielten die Anfragenden einen strukturierten Erhebungsbogen zur Dokumentation von Schwangerschaftsverlauf und -ausgang.

Resultate Zehn Frauen im Alter zwischen 25 und 37 Jahren (Median 29,5 Jahre) befanden sich wegen einer Narkolepsie bei Konzeption unter Therapie mit Modafinil (Tagesdosis: 100 bis 600 mg; Median 200 mg). Drei Patientinnen entschieden sich aufgrund der insuffizienten Datenlage zum Schwangerschaftsabbruch, eine Schwangerschaft endete mit einem Spontanabort. Sechs Schwangerschaften wurden ausgetragen, wobei die Behandlung mit Modafinil in zwei Fällen im ersten Trimenon, in zwei weiteren Fällen im zweiten Trimenon beendet wurde. Das Geburtsgewicht der Kinder (Mädchen: n=2, Jungen: n=4) lag zwischen 2.980 g und 4.120 g (Median: 3.425 g) bei einem Geburtstermin zwischen SSW 37/3 und SSW 41/1 (Median: SSW 39/4). Die Neugeborenen zeigten keine Auffälligkeiten.

Diskussion Unsere prospektive Follow-up-Studie ließ kein teratogenes Potenzial des Psychostimulans Modafinil erkennen. Allerdings sollte angesichts der begrenzten Erfahrungen auf einen gezielten Einsatz in der Schwangerschaft verzichtet werden.



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Article published online:
07 October 2020

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