Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(10): e77-e78
DOI: 10.1055/s-0040-1717171
Vortrag
Donnerstag, 8.10.2020
Peripartale Herausforderungen maternaler Erkrankungen

Infektionsdiagnostik und -therapie bei drohender Frühgeburt ohne vorzeitigen Blasensprung – Ergebnisse einer Online-Umfrage an deutschen Perinatalzentren

T Pech
1   Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock, Rostock, Deutschland
,
B Gerber
1   Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock, Rostock, Deutschland
,
J Stubert
1   Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock, Rostock, Deutschland
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Zielsetzung Schätzungsweise 40 % der spontanen Frühgeburten unter 32 SSW sind auf eine intrauterine Infektion zurückzuführen. Wichtigster Mechanismus der Erregerausbreitung ist die vaginale Keimaszension. Allerdings fehlt es an wissenschaftlicher Evidenz hinsichtlich des diagnostischen und therapeutischen Infektionsmanagements im Zusammenhang mit einer drohenden Frühgeburt ohne vorzeitigen Blasensprung. Ziel der Studie war es, das praktische Vorgehen an deutschen Perinatalzentren zu untersuchen.

Methoden Durchführung einer bundesweiten Online-Umfrage an allen Perinatalzentren Level I/II zum Problem der Infektionsdiagnostik und -therapie bei drohender Frühgeburt.

Ergebnisse Die Rücklaufquote betrug 31,6 % (n = 67/212), davon waren 83,6 % Level-I-Zentren. 82 % aller teilnehmenden Zentren verfügen über einen hausinternen Standard zum Infektionsmanagement bei drohender Frühgeburt ohne vorzeitigen Blasensprung. 78,8 % aller Kliniken verzichten auf eine kalkulierte Antibiotikatherapie ohne Infektionsnachweis. In 7 Zentren (10,4 %) wird hingegen generell bei drohender Frühgeburt unter 34 SSW eine Antibiotikatherapie gegeben. Im Rahmen der weiterführenden Diagnostik werden CrP- und Leukozytenbestimmungen sowie eine vaginale Abstrichentnahme zum Erregernachweis in über 90 %, vaginale pH-Messungen in 75 % sowie Amsel- oder Nugent-Score in 27 bzw. 15 % durchgeführt. Die Bereitschaft, vaginal nachgewiesene Erreger wie E. coli oder Enterokokken auch bei unauffälligem Amsel-/Nugent-Score zu behandeln, ist hoch (51/67; 76,1 %). 70,1 % aller Zentren führen nach Therapiebeendigung Abstrichkontrollen und gegebenfalls auch erneute antibiotische Maßnahmen durch. Neben Antibiotika werden lokal antiseptische Maßnahmen von 71,6 % der Zentren eingesetzt.

Zusammenfassung Infektionsdiagnostik- und -therapie werden bei drohender Frühgeburt ohne vorzeitigen Blasensprung deutschlandweit sehr unterschiedlich gehandhabt. Entgegen der aktuellen deutschen Leitlinienempfehlung wird in der Praxis häufig antibiotisch therapiert. Es besteht ein Bedarf an randomisierten Studien mit klar definierten Diagnose- und Therapiealgorithmen.



Publication History

Article published online:
07 October 2020

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