Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(07)
DOI: 10.1055/s-0040-1714025
Allgemeine und operative Gynäkologie

Chronischer Unterbauchschmerz, Stimmung und Prostaglandin-E2-Level in der Douglas-Flüssigkeit bei Patientinnen mit und ohne Endometriose

K Tropschuh
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Technische Universität München
,
A Dinkel
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Technische Universität München
,
V Seifert-Klauss
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Technische Universität München
,
M Schmidmayr
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Technische Universität München
› Author Affiliations
 

Fragestellung: Etwa 4 – 25% aller Frauen leiden unter chronischen Unterbauchschmerzen, wobei Endometriose mit ca. 10 – 15% eine der Hauptursachen bei Betroffenen im gebährfähigen Alter darstellt. In dieser Pilotstudie wurde der Zusammenhang zwischen der Endometrioseausprägung, der Intensität und Qualität der (Unterbauch-)Schmerzen sowie auftretender psychischer Symptome, Stimmungsveränderungen und der Lebensqualität untersucht. Die Endometriose wird mit einem chronischen Entzündungsgeschehen und einer veränderten immunologischen Antwort assoziiert. Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass Prostaglandine eine relevante Rolle bei der Regulation physiologischer und pathologischer Abläufe der endometrialen Schleimhaut spielen. Welche Rolle dem PG-E2 hierbei zukommt, ist nach wie vor unklar.

Material und Methoden: Im retrospektiven Part der Studie wurden Patientinnen mit histologisch bestätigter Endometriose nach einer operativen Behandlung eingeschlossen. Im Rahmen einer Subgruppenanalyse fand eine Unterteilung in zwei Schmerzgruppen (VAS1 – 5/6 – 10) und zwei rASRM-Gruppen (I – II°/III – IV°) statt. An dem prospektiven Studienteil hingegen nahmen Patientinnen teil, die aufgrund von chronischen Unterbauchschmerzen einen diagnostischen laparoskopischen Eingriff erhielten, wobei die Endometriosepatientinnen die Fallgruppe und die endometriosefreien Frauen die Kontrollgruppe bildeten. In diesem Patientinnenkollektiv wurde zudem ein PG-E2-ELISA mit (Spül-)Flüssigkeit aus dem Douglasraum durchgeführt. Beide Gruppen füllten ein Set aus vier Fragebögen aus: Der „Endometriosis Health Profile“ (EHP-30) evaluiert die Endometriose-assoziierte Lebensqualität, die „Hospital Anxiety and Depression Scale“ (HADS-D) beurteilt die psychische Verfassung, die „Adjustment Scale“ (DAS-12) schätzt die Qualität einer Partnerschaft ab und die „Visual Analogue Scale“ (VAS) misst das aktuell wahrgenommene Schmerzniveau. Darüber hinaus wurde bei allen Endometriosepatientinnen das jeweilige rASRM-Stadium dokumentiert und soziodemographische Daten erhoben.

Ergebnisse:

Prospektiver Studienteil: Patientinnen mit Endometriose erzielten signifikant höhere PG-E2-Werte in der peritonealen Flüssigkeit als endometriosefreie Kontrollen. Die Lebensqualität, Stimmung, partnerschaftliche Beziehungsqualität und die wahrgenommenen Schmerzen zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Nach einer chirurgischen Intervention konnte beim Vergleich von prä- und postoperativen Daten eine bessere Stimmung, v. a. in der Depressionssubskala des HADS, festgestellt werden.

Retrospektiver Studienteil: Zwischen den Patientinnen mit milderer und stärker ausgeprägter Endometriose zeigte sich ein signifikanter Unterschied bezüglich der soziökonomischen Situation, die bei den Betroffenen mit geringer Symptomatik besser ausfiel. Im Hinblick auf das Endometriosestadium ließen sich bezüglich der anderen Fragebögen keine signifikanten Unterschiede detektieren. Jedoch konnten in der Subgruppenanalyse nach Schmerzwerten deutliche Unterschied hinsichtlich der Lebensqualität und Stimmung festgestellt werden, wobei Depression und Endometriose-assoziierte Lebensqualität bei Patientinnen mit stärkerer Schmerzausprägung signifikant schlechter waren.Eine stark positive Korrelation zeigte sich zwischen dem EHP-30 und dem HADS, was auf einen relevanten Zusammenhang zwischen Lebensqualität und Stimmung hindeutet.

Fazit: Die Studie bestätigt, dass sich die Endometrioseerkrankung auf zahlreiche Lebensbereiche der betroffenen Frauen auswirkt, einschließlich der sozioökonomischen Situation. Das vorliegende Endometriosestadium zeigt keinen großen Einfluss auf die Lebensqualität, das psychische Wohlbefinden, die Partnerschaftsqualität oder die Schmerzwahrnehmung. Die Intensität der Schmerzen scheint sich sowohl auf die mentale Situation als auch auf die Lebensqualität stark auszuwirken. Eine operative Therapie beeinflusst positiv das mentale Wohlbefinden und die Qualität einer partnerschaftlichen Beziehung. Die Annahme, dass Prostaglandin-E2 bei der Pathophysiologie der Endometriose eine bedeutende Rolle spielt, kann unterstützt werden. Die Durchführung größer angelegter Studien zur Erforschung der Rolle des PG-E2 wäre sinnvoll, um der aktuell stattfindenden regen wissenschaftlichen Diskussion weitere richtungsweisende Daten beizusteuern.

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Abb. 1 Boxplot der PG-E2-Konzentration bei Fällen und Kontrollen.
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Abb. 2 Boxplot der HADS-Gesamt prä- und postoperativ.
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Abb. 3 Boxplot des HADS-Gesamt in beiden Schmerz-Subgruppen.
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Abb. 4 Korrelationen des EHP-Gesamt mit der HADS-Gesamt ‚emotional well-being‘ mit dem EHP-Gesamt.


Publication History

Article published online:
14 July 2020

Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

 
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