Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(07)
DOI: 10.1055/s-0040-1713988
Gynäkologische Onkologie

Case-Report einer 59jährigen Patientin mit okkultem, axillär metastasiertem Her2-positivem Mammakarzinom – aufgefallen durch eine paraneoplastische Cerebellitis

S Wörrlein
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
M Uhde
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
A Fink
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
A deGregorio
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
W Janni
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
J Lewerenz
2   Universitätsklinik Ulm, Klinik für Neurologie
,
J Huober
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
› Author Affiliations
 

Zielsetzung: Paraneoplastische Syndrome stellen immer wieder Herausforderungen dar – sei es in der Diagnostik sowie in der onkologischen Behandlung. Dabei besteht stets die Gefahr des Zeitverlustes bis zur Diagnosesicherung bei initial unklaren Befunden. Wir möchten den Fall einer 59-jährigen Patientin mit okkultem, axillär metastasiertem Her2-positiven Mammakarzinom vorstellen, die im Rahmen eines paraneoplastischen Geschehens durch Cerebellitis aufgefallen war.

Fallvorstellung: Die Patientin stellte sich im Januar 2019 mit erstmalig aufgetretenen neurologischen Symptomen im Sinne einer Rumpf-/Glieder-/Gangataxie, eines Downbeat-Nystagmus mit Oszillopsien und deutlich eingeschränkter Sehfunktion, Übelkeit/Erbrechen sowie Hemihypästhesie links vor. Im zeitnah durchgeführten MRT Schädel zeigten sich disseminierten Läsionen. Unter der Verdachtsdiagnose Multiple Sklerose erfolgte eine Cortisonstoßtherapie, welche jedoch keine Besserung ergab. Die Patientin war zu diesem Zeitpunkt bereits rollstuhlpflichtig.

In der weiterführenden Diagnostik zeigte sich in der Lumbalpunktion ein erhöhter Anti-Homer3- Antikörper-Titer (Serumtiter 1 : 32 000, Liquortiter 1 : 100). Bildgebend konnte mittels PET-CT bei sonst unauffälliger Mammographie und Mammasonographie ein einzelner suspekter Lymphknoten axillär rechts detektiert werden, der operativ entfernt wurde. Histologisch zeigte sich bei dem exzidierten Lymphknoten ein papilläres Adenocarcinom a. e. mammärer Genese (ER 0%, PGR 0%, Ki67 60%, Her2 3 +). Eine parallel durchgeführte Plasmapherese über 7 Tage blieb ohne relevante Besserung. Unter der Diagnose paraneoplastische Cerebellitis bei okkultem, axillär metastasiertem Her2-positivem Mammakarzinom erfolgte die Einleitung einer neoadjuvanten Chemotherapie (4 x Epirubicin/Cyclophosphamid, gefolgt von 12 x Paclitaxel unter Hinzunahme von Trastuzumab/Pertuzumab). Zusätzlich wurden 4 intravenöse Immunglobulintherapien in der Neurologie durchgeführt. Unter dieser Therapie ergab sich eine deutliche Besserung der Cerebellitis. Nach neoadjuvanter Therapie erfolgte eine axilläre Lymphknotendissektion Level 1 – 2. Abschließendes Tumorstadium: cTX/pN1(1/1) ypN0 (0/15) M0 G3. Aktuell wird die anti-Her2-zielgerichtete Therapie mit Trastuzumab/Pertuzumab auf 1 Jahr komplettiert und die Patientin adjuvant bestrahlt. Sie ist bei Wohlbefinden und wieder mobil ohne Hilfsmittel im Z. n. rollstuhlpflichtiger Ataxie.

Diskussion: Diagnostik und Therapie der onkologischen Grunderkrankung bei paraneoplastischen Syndromen stellen immer wieder eine Herausforderung dar. Eine adäquate onkologische Therapie kann zu einer Beschwerdebesserung führen. Nicht immer bilden sich paraneoplastische Syndrome jedoch zurück, sodass zusätzlich Immunglobuline gegeben werden müssen.



Publication History

Article published online:
14 July 2020

Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York