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DOI: 10.1055/s-0040-1710289
Was Verbraucher zu Nahrungsergänzungsmitteln wissen wollen: Qualitative Inhaltsanalyse von Verbraucheranfragen an die Internet-Plattform „Klartext Nahrungsergänzung“ der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Fragestellung In Deutschland nehmen lt. Umfragen 12 - 60 % der Bevölkerung Nahrungsergänzungsmittel (NEM), bilanzierte Diäten und diätetische Lebensmittel ein. Obwohl dies nicht ihrer Zweckbestimmung entspricht, werden NEM häufig zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt. Zum Informationsbedarf der Anwender von NEM liegen nur wenige und unsystematische Daten vor.
„Klartext Nahrungsergänzung“ ist ein digitales Informationsportal der Verbraucherzentrale NRW, auf dem Verbraucherfragen zu NEM beantwortet werden. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, den Informationsbedarf der Verbraucher hinsichtlich NEM-Typen, Indikationen, Wirkerwartungen, Vertriebswegen und inhaltlicher Bezugspunkte der Anfragen auszuwerten. Die so gewonnenen Ergebnisse sollen die gezielte Entwicklung verbrauchernaher Informationsangebote zu NEM unterstützen und die Grundlage für spezifische Beratungsansätze in der ärztlichen Praxis bilden.
Methodik Ausgewertet wurden 1439 Verbraucheranfragen aus den Jahren 2017-2019. Die Datenanalyse erfolgte anhand einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz, deren Ergebnisse quantitativ dargestellt werden.
Ergebnis Es wurden 1439 Anfragen eingeschlossen. 30,5 % der Verbraucher nehmen NEM ein, davon 32 % > 1 Produkt (n = 439). In 84 % der Anfragen wurden 1631 Produkte/Substanzen genannt, davon 24,3 % Kombinationspräparate aus Nährstoffen + sonstigen Stoffen, 20,2 % Botanicals und 13,2 % Vitamine.
Die häufigsten Indikationen (n = 1047) waren Prävention (28,6 %) Knochen u. Gelenkerkrankungen (17,9 %), Anti-Aging (8,2 %) sowie Herz-Kreislauferkrankungen (7,6 %).
Als Vertriebswege (n = 853) wurden Online-/Direktvertrieb (73 %), Apotheken/Onlineapotheken (22 %) und Drogeriemärkte (5 %) identifiziert. Neben allgemeinen Fragen zu NEM standen Fragen zu Risiken (29 %), Wirksamkeit (18,9 %) und Beschwerden (10,4 %) quantitativ im Vordergrund. Eine arzneimitteltypische Wirkerwartung wurde bei 49,2 % der Anwender von NEM (n = 439) festgestellt.
Schlussfolgerungen Kombinationsprodukte und Botanicals, insbesondere aus dem Online-/Direktvertrieb, sind mit einem hohen Informationsbedarf assoziiert. Die Verbraucheranfragen spiegeln unrealistische Wirkerwartungen und einen nicht bestimmungsgemäßen Einsatz von NEM wider. Der Beratungsbedarf zu Risiken und Wirksamkeit von NEM ist entsprechend hoch und sollte in qualifizierter Weise adressiert werden.
Publication History
Article published online:
16 June 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York