Aktuelle Ernährungsmedizin 2020; 45(03): 241
DOI: 10.1055/s-0040-1710268
Abstracts
Onkologie, Geriatrie, Gastroenterologie, Pneumologie

Ernährungsmedizinischer Bedarf und reale Versorgung von Brustkrebspatientinnen in Schleswig-Holstein und Hamburg

J Ostermann
Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
,
M Smollich
Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
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Fragestellung Die onkologische Therapie von Frauen mit Mammakarzinom geht häufig mit unerwünschten Wirkungen einher, die durch eine qualifizierte Ernährungsberatung zumindest teilweise gelindert werden können. Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Beantwortung der Frage, ob es eine Diskrepanz zwischen dem ernährungsmedizinischen Bedarf von Brustkrebspatientinnen und der realen Versorgungssituation gibt.

Methodik Von Dezember 2019 bis Februar 2020 wurden Brustkrebspatientinnen aus Schleswig-Holstein und Hamburg mittels eines Online-Fragebogens zu ihren persönlichen Erfahrungen über die Ernährungsberatung während ihrer Brustkrebsbehandlung befragt (n = 163). Die erhobenen Daten wurden anschließend statistisch ausgewertet und kritisch bewertet.

Ergebnisse Von den befragten Brustkrebspatientinnen gaben 64 % an, keine Ernährungsberatung erhalten zu haben, wobei sich von diesen Frauen 71 % eine Ernährungsberatung gewünscht hätten. Ein relevanter Anteil der Frauen gab an, während der Strahlen- oder Chemotherapie an Geschmacksveränderungen (62 %), Nahrungsmittelaversionen (40 %) oder Übelkeit und Erbrechen (38 %) gelitten zu haben. Zudem berichteten 56 % der Frauen davon, keinerlei Beratung bezüglich der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln erhalten zu haben, wobei jedoch 80 % der Frauen während ihrer Therapie Nahrungsergänzungsmittel eingenommen haben. Der weit überwiegende Teil der Frauen (83 %) informierte sich während der Behandlung selbstständig über mögliche Ernährungsformen, wobei die Informationen am häufigsten von Internet-Seiten und Online-Foren stammen.

Schlussfolgerung Die vorliegenden Ergebnisse objektivieren die Diskrepanz zwischen ernährungsmedizinischem Bedarf und realer Beratungssituation von Frauen mit Brustkrebs. Trotz einem mehrheitlich artikulierten Bedarf einer individuellen Ernährungsberatung wird diese häufig nicht angeboten. Um die Verträglichkeit der onkologischen Therapie zu verbessern und potenziell gefährliche Wechselwirkungen mit Nahrungsergänzungsmitteln auszuschließen, wäre eine qualifizierte Ernährungsberatung jedoch essenziell. Dazu ist es erforderlich, dass die professionelle Ernährungsberatung als fester Bestandteil in die Therapie integriert wird. Da sich viele Betroffene selbstständig im Internet informieren, sollten dort seriöse Informationsquellen implementiert werden, um das Verbreiten gefährlicher Falschinformationen zu verhindern.



Publication History

Article published online:
16 June 2020

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