Aktuelle Ernährungsmedizin 2020; 45(03): 226
DOI: 10.1055/s-0040-1710229
Abstracts
Prävention, Lebensstil

Interventionen zum Gewichtsmanagement bei Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen – Soll und Ist der Inanspruchnahme

J Breilmann
Universität Ulm, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Günzburg, Germany
,
M Kösters
Universität Ulm, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Günzburg, Germany
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Fragestellung Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen sind aufgrund ihrer Erkrankung, der daraus resultierenden medikamentösen Behandlung und bestehender Alltagsschwierigkeiten besonders vulnerabel hinsichtlich einer übermäßigen Gewichtszunahme. Aus diesem Grund wurde in der S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen“ eine Empfehlung für gesundheitsfördernde Interventionen zum Gewichtsmanagement mit dem Empfehlungsgrad A aufgenommen. Die vorliegende Auswertung vergleicht die derzeitige Inanspruchnahme dieser Interventionen mit der Empfehlung

Methodik Für die Analyse wurden Querschnittsdaten der IMPPETUS-Studie („Implementierung der Patientenleitlinie psychosoziale Therapien für Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen“) deskriptiv ausgewertet. Einschlusskriterien waren: Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen, 18-65 Jahre, Erkrankungsdauer ≥ 2 Jahre.

Ergebnis Die S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien“ empfiehlt das Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen gesundheitsfördernde Interventionen mit den Schwerpunkten gesunde Ernährung und körperliche Aktivität angeboten werden sollen. Bei der Auswertung von Daten von 284 Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen (44 ± 13 Jahre; 58 % Frauen) haben 37 % noch nie etwas von diesen Interventionen gehört. Eine Intervention zum Gewichtsmanagement haben 25 % der Probanden erhalten. Insgesamt schätzen 82 % der Probanden diese Interventionen als wichtig bzw. äußerst wichtig ein.

Schlussfolgerung Die Ergebnisse zeigen, dass bisher lediglich ein Viertel der Patienten eine gesundheitsfördernde Intervention erhalten haben. Etwa ein Drittel der Probanden hatten noch nie etwas von diesen Interventionen gehört. Nach Aufklärung über die Inhalte gesundheitsfördernder Interventionen, schätzten jedoch über 80 % der Patienten diese Angebote als wichtig ein. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es derzeit noch eine starke Diskrepanz zwischen Leitlinienempfehlung und Umsetzung gibt. Zudem wird deutlich, dass die Patienten diese Interventionen als wichtig und hilfreich einstufen. Das bisher nur wenige Patienten diese Maßnahmen angeboten bekommen und in Anspruch genommen haben, ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass es bisher kaum Angebote für gesundheitsförderliche Interventionen für Menschen mit psychischen Erkrankungen gibt.



Publication History

Article published online:
16 June 2020

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