Gesundheitswesen 2020; 82(05): 470-471
DOI: 10.1055/s-0040-1709022
Vorträge und Poster

Ehrenamt im Akutkrankenhaus – Soziale Unterstützung durch Fremde

G Kosits
Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, Hall, Österreich
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Krankenhausaufenthalte gelten als stressbehaftete Ereignisse. Längerfristiges Stresserleben wirkt schädlich auf Gesundheit. Soziale Unterstützung als potenzielle Stressbewältigungsressource wurde bislang mit Fokus auf das persönliche Nahfeld beforscht. Studien zur Unterstützung durch Ehrenamtliche konzentrieren sich auf Langzeitsettings oder besondere PatientInnengruppen (Delir, Demenz, Krebs). Die laufende Studie will Wahrnehmung und Wirkung ehrenamtlicher PatientInnenbetreuung aus Sicht von PatientInnen und Krankenhauspersonal abteilungsübergreifend in einem allgemeinversorgenden Akutkrankenhaus erfassen.

Datenerhebung erfolgt über explorative Leitfadeninterviews mit Bediensteten aus Medizin, Pflege, Therapie unterschiedlicher Hierarchieebenen und stationär aufgenommenen PatientInnen verschiedener Abteilungen zur subjektiven Wahrnehmung der von ihnen erlebten ehrenamtlichen PatientInnenbetreuung. Ausgewertet wird mittels qualitativer Inhaltsanalyse mit anschließender Hypothesenbildung zum Zusammenhang zwischen ehrenamtlicher Betreuung und Nutzung, Wirkung und Rolle. Deren Prüfung erfolgt in einem Ex post facto-Design mit Fragebogen anhand einer geschichteten Stichprobe. Psychometrische Tests erfragen in retrospektivem Prä-Post-Vergleich Veränderungen im Stresserleben. Auswertung erfolgt durch multivariate Regressionsanalyse. Logistische Regressionsanalyse wird zur Erstellung eines Nutzerprofils angestrebt; Rollenabgrenzung des Ehrenamts im Gefüge unterschiedlicher Betreuungsgruppen erfolgt durch multidimensionale Skalierung.

Qualitative Datenerhebung läuft. Systematisch ausgewertete Ergebnisse liegen noch nicht vor, es besteht Zuversicht, bis zur Tagung tragfähige Hypothesen zu Auswirkungen auf Stresserleben durch Ehrenamtliche sowie zur Klärung der Rolle ebendieser im PatientInnenbetreuungsprozess bilden zu können.

Soziale Unterstützung als gesundheitsfördernde Intervention ist anschlussfähig an den Sozialkapitalbegriff Putnams. Soziales Kapital als gesellschaftliches Vertrauen, das auch Fremde miteinschließt, verringert soziale Kosten. Wo gewachsene Beziehungsnetze nicht mehr greifen und institutionalisierte Hilfeleistungen ökonomisch bedeutsam werden, könnte soziale Unterstützung durch Ehrenamtliche eine kostengünstige und gleichwohl vertrauensfördernde Maßnahme darstellen, die auch hinsichtlich der aktuellen Debatte von Sicherheitskontrollen im Krankenhaus einer Überlegung wert wäre.



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Article published online:
26 May 2020

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