Gesundheitswesen 2020; 82(05): 455
DOI: 10.1055/s-0040-1708971
Vorträge und Poster

Arbeitsbezogener Stress und psychische Gesundheit: Wechselseitige Beeinflussung oder Drittvariablenproblem?

H Mayerl
Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich
,
E Stolz
Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich
,
U Kowatz
Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich
,
W Freidl
Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich
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Hintergrund Eine Vielzahl an Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen arbeitsbezogenem Stress und psychischer Gesundheit hin. Die Frage, ob es tatsächlich eine wechselseitige Beeinflussung zwischen dem Arbeitsumfeld und der psychischen Gesundheit gibt, bleibt aufgrund methodischer Limitationen in früheren Studien jedoch unbeantwortet. In der vorliegenden Studie wird daher untersucht, ob es reziproke Zusammenhänge zwischen der Einschätzung der psychosozialen Arbeitsbedingungen und dem Ausmaß der depressiven Symptomatik gibt. Dabei erfolgt eine klare Differenzierung zwischen Prozessen, die sich innerhalb von Personen zeigen (within-person-Ebene) und Prozessen, die sich zwischen Personen manifestieren (between-person-Ebene).

Methoden Zur Beantwortung der Fragestellung wurden Daten von = 457 selbstständigen und unselbstständigen Personen aus vier Erhebungszeitpunkten (2004–2015) des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) herangezogen. Die Paneldaten wurden mit Hilfe eines Mehrebenen-Strukturgleichungsmodells analysiert.

Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen keine wechselseitigen Zusammenhänge zwischen psychosozialen Arbeitsbedingungen und der depressiven Symptomatik auf der within-person-Ebene. Es konnte lediglich eine mittlere Korrelation zwischen diesen beiden Variablen auf between-person-Ebene gefunden werden: Personen, die allgemein ein höheres Level an psychosozialem Arbeitsstress zeigen, weisen tendenziell auch ein höheres Level an depressiver Symptomatik auf.

Schlussfolgerungen Diese Studie konnte keine Belege dafür finden, dass ein unvorteilhaftes Arbeitsumfeld das Risiko für eine zukünftige depressive Symptomatik erhöht. Der gefundene Zusammenhang auf between-person-Ebene deutet auf ein mögliches Drittvariablenproblem hin.



Publication History

Article published online:
26 May 2020

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