Gesundheitswesen 2020; 82(05): 454
DOI: 10.1055/s-0040-1708967
ÖGPH Kompetenzgruppen Symposien

Die Interaktion von Müdigkeit, Erschöpfung und sexuellem Erleben im Alltag – eine ambulante Assessment-Studie

HM Mües
1   Universität Wien, Wien, Österreich
,
C Markert
2   Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießen, Deutschland
,
AC Feneberg
1   Universität Wien, Wien, Österreich
,
UM Nater
1   Universität Wien, Wien, Österreich
› Author Affiliations
 

Hintergrund Während sich sowohl Müdigkeit als auch Erschöpfung negativ auf sexuelles Erleben auszuwirken scheinen, gibt es Hinweise, dass Müdigkeit auch mit gesteigertem sexuellem Erleben assoziiert ist. Ziel dieser ambulanten Assessment-Studie war es, die bidirektionale Beziehung zwischen Müdigkeit, Erschöpfung und sexuellem Erleben im Alltag zu untersuchen.

Methoden Jeweils dreißig heterosexuelle gesunde Frauen und Männer (Alter = 23.78 Jahre, SD = 2.93) in einer festen Beziehung beantworteten über einen Zeitraum von vierzehn aufeinanderfolgenden Tagen sechsmal täglich Fragen mithilfe eines iPods. Jeweils nach dem Aufwachen, um 11 Uhr, um 14 Uhr, um 17 Uhr, um 20 Uhr und vor dem Einschlafen wurden Studienteilnehmer*innen gebeten, Angaben zu ihrer momentan erlebten Müdigkeit, Erschöpfung, sexuellen Erregung und ihrem sexuellen Verlangen zu machen. Die genesteten Daten wurden, getrennt nach Geschlecht, mithilfe von Mehrebenenmodellen ausgewertet.

Ergebnisse Frauen und Männer unterschieden sich signifikant in Müdigkeit, allgemeiner und körperlicher Erschöpfung und Intensität des sexuellen Verlangens und Erregung. Bei Frauen sagte eine höhere Intensität der sexuellen Erregung signifikant höhere körperliche Erschöpfung am darauffolgenden Messzeitpunkt vorher (UC = 0.15, = .037, Pseudo R2 = 0.007), während bei Männern eine höhere allgemeine Erschöpfung eine signifikant geringere Intensität des sexuellen Verlangens am darauffolgenden Messzeitpunkt vorhersagte (UC = −0.12, = .005, Pseudo R2 = 0.034).

Schlussfolgerungen Es wurden keine signifikante Assoziation zwischen Müdigkeit und sexuellem Erleben gefunden. Sexuelle Erregung scheint sich auf die körperliche Erschöpfung bei Frauen auszuwirken, während allgemeine Erschöpfung zu einer verringerten Intensität des sexuellen Verlangens bei Männern zu führen scheint. Die Ergebnisse zeigen Geschlechtsunterschiede in den Assoziationen zwischen Erschöpfung und sexuellem Erleben, die erhöhtes oder vermindertes sexuelles Erleben bei beiden Geschlechtern miterklären könnten.



Publication History

Article published online:
26 May 2020

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Stuttgart · New York