Gesundheitswesen 2020; 82(05): 452
DOI: 10.1055/s-0040-1708961
ÖGPH Kompetenzgruppen Symposien

Die Bedeutung von Sozialkapital und Zusammenhalt in der Gemeinschaft bei sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten – Symposium der ÖGPH-Kompetenzgruppe Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt

I Grabovac
Medizinische Universität Wien, Zentrum für Public Health, Abteilung für Sozial- und Präventivmedizin, Wien, Österreich
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Sexuelle und geschlechtliche Minderheiten sind häufig das Ziel von Diskriminierung, Stigmatisierung und Gewalt. In vielen Ländern der Welt mangelt es an Rechtsschutz, Gleichheit und Sichtbarkeit. Im Allgemeinen weisen Gemeinschaften von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen (LSBT) ein geringeres soziales Kapital auf, da sie häufig von Gemeinschaften ausgeschlossen werden. Die Evidenz zeigt, dass dies zu schlechteren gesundheitlichen Ergebnissen (z.B.: höhere Prävalenz von chronischen Krankheiten, Krebs und psychischen Problemen) und auch zu niedrigeren Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und Lebenszufriedenheit führt. Weiters beeinflusst es auch das gesundheitssuchende Verhalten, sodass sich LSBT-Personen seltener an Gesundheitsdienstleister wenden, um Hilfe zu erhalten, was die gesundheitlichen Ergebnisse noch weiter verschlechtert. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Gemeinschaften für die Gesundheit der Bevölkerung. Da LSBT-Personen in den größeren Gemeinden, aus denen sie stammen, oft nicht willkommen sind, haben sie sich in der Vergangenheit darauf konzentriert, ihre eigenen zu gründen. In den letzten Jahren hat sich die Public Health Forschung der Untersuchung der positiven Aspekte von LGBT-Gemeinschaften und zwischenmenschlichen Beziehungen zugewandt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten oder anderen Interessengruppen mit anderen LSBT-Personen zu einer geringeren Internalisierung der Homonegativität führt und die Selbstakzeptanz erhöht, was sich wiederum positiv auf die Gesundheit auswirkt. Neuere Studien zeigten auch, dass die Prävalenz des Drogenkonsums bei LGBT-Jugendlichen in Gemeinden, in denen die Sichtbarkeit der LGBT-Personen ausgeprägter ist, geringer ist. Dort wo es Zeichen und Symbole, Pride-Paraden und Veranstaltungen der Vielfalt gibt, wurde auch weniger Drogen konsumiert. Im diesjährigen Symposium der Kompetenzgruppe für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt werden die Auswirkungen verschiedener sozialer Umgebungen und Gemeinschaften auf die Gesundheit und das Wohlbefinden LSBT- Personen untersucht.

Radhika Seiler-Ramadas (Zentrum für Public Health, Medizinische Universität Wien) wird auf die Bedeutung der Sexualerziehung in Schulen eingehen und einen Literaturüberblick präsentieren, in dem die Notwendigkeit einer stärkeren Berücksichtigung emotionaler Aspekte beim Unterrichten über Sex hervorgehoben wird. Armin Autz (Dept. Angewandte Pflegewissenschaft, FH Campus Wien) wird die Bedeutung von Fachkräften des Gesundheitswesens für die Stärkung der Gesundheitskompetenz bei Jugendlichen anhand des Modells „School Nurse“ erläutern. Stefanie Kirchner (Zentrum für Public Health, Medizinische Universität Wien) wird über die Auswirkungen von positiver Messaging-Videos auf die Suizidalität von LGBT-Jugendlichen, sowie über die Ansichten von ExpertInnen sprechen. Weiters wird Helmut Beichler (Studienstandort AKH, FH Campus Wien) auf die Bedeutung der Arzt-Patienten-Kommunikation und ihre Rolle bei der Adhärenz bei Menschen mit HIV eingehen. Lovro Markovic (Zentrum für Public Health, Medizinische Universität Wien) wird Daten zur größten zusammengestellten LSBT-Stichprobe Österreichs und Daten zu ‘Outness’ am Arbeitsplatz präsentieren. Hanna Mües (Fakultät für Psychologie, Universität Wien) wird aufzeigen, wie Müdigkeit und Erschöpfung sexuelle Erlebnisse bei Männern und Frauen beeinflussen. Die Kompetenzgruppe für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt lädt Sie sehr herzlich zu diesem Symposium ein und freut sich auf interessante Vorträge und eine angeregte Diskussion.



Publication History

Article published online:
26 May 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York