Journal Club Schmerzmedizin 2015; 4(2): 118-123
DOI: 10.1055/s-0040-100479
Leitlinien in der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen – Die LONTS-Leitlinie gibt Orientierung

Frank Petzke
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Publication Date:
10 July 2015 (online)

Opioidhaltige Analgetika werden in der Langzeitanwendung (≥ 3 Monate) bei chronischen nicht tumorbedingten Schmerzen national und international kritisch diskutiert. Für Deutschland finden sich zwar Hinweise für einer Unter-, Fehl- und Überversorgung, eine „Opioidepidemie“ wie in den USA ist derzeit aber nicht ersichtlich. Die LONTS-Leitlinie schafft einen Orientierungsrahmen zur Verbesserung der Versorgung und enthält sowohl Aussagen zur Evidenz, Indikationen und Kontraindikationen als auch konkrete und praxisnahe Empfehlungen zur Steuerung und Führung einer langfristigen Opioidtherapie.

Kernaussagen

  • Opioide sind eine gesicherte medikamentöse Therapieoption in der kurzfristigen Therapie (4–12 Wochen) von Schmerzen bei Arthrose, diabetischer Polyneuropathie, Postzosterneuralgie und chronischen Rückenschmerzen.

  • Nur ein Teil der Patienten mit Erkrankungen (ca. 25 %) profitiert von einer Langzeittherapie (> 26 Wochen). Nur bei diesen Therapierespondern sollte die Therapie fortgeführt werden. Dosen > 120 Morphinäquivalent / Tag sollte man nur im Ausnahmefall überschreiten.

  • Bei anderen Krankheitsbildern ist eine kurz- und langfristige Therapie als individueller Therapieversuch zu werten.

  • Kontraindikationen für die Therapie mit Opioiden sind primäre Kopfschmerzen sowie funktionelle und psychische Störungen mit dem Leitsymptom Schmerz.

  • Opioide sind für keine der möglichen Indikationen bei chronischen Schmerzen eine Erstlinien-Option. Eine Schmerztherapie sollte sich nicht auf Opioide beschränken, sondern durch andere Verfahren ergänzt werden (z. B. physikalische, physiotherapeutische, psychotherapeutische, Edukation, multimodale Konzepte).

  • Die Auswahl der Pharmakotherapie und des Opioids orientiert sich am individuellen Fall (Vorerfahrungen, Begleiterkrankungen, Präferenzen, Nutzen / Schaden) in partizipativer Entscheidungsfindung mit dem Patienten.

  • Die Identifizierung und Überprüfung individueller und realistischer Therapieziele sowie die Überwachung in Bezug auf Nebenwirkungen bzw. einen Fehlgebrauch der Medikation bildet die Grundlage für die Therapiesteuerung.

  • Die ärztliche Kunst bei der Langzeitbehandlung mit Opioiden besteht nicht selten darin, eine nicht wirksame, zweifelhafte oder sogar schädliche Therapie rechtzeitig zu beenden.