Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(02): 212
DOI: 10.1055/s-0039-3402962
Kurzvorträge 1: Psychosoziale Versorgungsrealitäten
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Migrations- und kultursensible Gesundheitsversorgung in der Peripartalzeit – Ansätze für die Fort- und Weiterbildung der beteiligten Professionen

I Lennertz
Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
,
K Weidner
Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
,
J Junge-Hoffmeister
Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
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Publication Date:
21 February 2020 (online)

 

Die Versorgung von Frauen mit Flucht- und Migrationshintergrund in der Peripartalzeit wird vor allem dann klinisch als Herausforderung beschrieben, wenn nicht genügend Möglichkeiten der Sprach- und Kulturmittlung zur Verfügung stehen und die Frauen noch nicht genügend Sprachkompetenz und Wissen über das jeweilige Gesundheitssystem im Aufnahmeland erwerben konnten. Studien zeigen, dass nicht generell bei Frauen mit Migrationshintergrund vermehrt peripartal Komplikationen auftreten (David et al., 2019), andererseits finden Untersuchungen bei zusätzlichen Belastungsfaktoren wie fehlender Sprachmittlung, erst kurzer Aufenthaltsdauer im Aufnahmeland sowie unsicherem Aufenthaltsstatus Hinweise auf häufigere Risikoverläufe bis zu erhöhten peripartalen Mortalitätsdaten, sowie deutlich höheren Prävalenzen postpartaler Depression (Merten & Gari, 2013, Esscher et al., 2014, Naimy et. al, 2013, Dennis at al. 2017).

Ziel der hier vorgestellten Untersuchung war die Entwicklung und Evaluation eines interprofessionellen Fortbildungskonzeptes zur qualitativen Verbesserung der medizinischen und psychosozialen Versorgung von Frauen mit Flucht- und Migrationshintergrund. Grundlage dafür bildete eine Fragebogenuntersuchung (n = 71), die sich an fünf beteiligte Professionen richtete. 97% der Befragten gaben an, regelmäßig in die Gesundheitsversorgung von Frauen mit Migrationshintergrund eingebunden zu sein, nur 26% gaben an, dass migrationssensible Gesundheitsversorgung Teil ihrer beruflichen Ausbildung gewesen sei. Die Möglichkeit auf Sprachmittlung zurückgreifen zu können, bejahten 17%. Die ärztliche und psychosoziale Versorgungssituation von Frauen mit Migrationshintergrund in der Peripartalzeit wurde signifikant schlechter beurteilt, als die Versorgungssituation von Frauen ohne Migrationshintergrund.