Osteologie 2020; 29(01): 64-65
DOI: 10.1055/s-0039-3402877
2. Posterbegehung 2
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Osteologische Aspekte beim Chronic Fatigue Syndrom (CFS) am Beispiel eines 17-jährigen Jungen

B Abendroth
1   Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Jena, Germany
,
S Schulz
2   Zentrum für Humangenetik des Universitätsklinikums Jena, Praxis für Humangenetik, Jena, Germany
,
A Dost
3   Abt. Diabetologie und Endokrinologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Jena, Jena, Germany
,
K Abendroth
1   Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Jena, Germany
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Publication Date:
25 February 2020 (online)

 

Einleitung Das CFS bei Kindern und Jugendlichen ist eine seltene und schwierig zu sichernde Erkrankung. Im Vordergrund stehen chronische Muskel- und Gelenkschmerzen, verbunden mit einer starken körperlichen und geistigen Erschöpfung nach Stress und körperlicher Belastung. Ausgeprägte Tages-Müdigkeit mit erhöhtem Schlafbedürfnis. Trotz überlanger Schlafphasen keine Erholung. Dazu kommen periodische Bauchschmerzen, Lymphknotenschwellungen, besonders nächtliches Schwitzen und Frieren ohne Fieber, instabile Kreislaufregulation mit hyper- sowie hypotonen Phasen und orthostatische Intoleranz mit Raynoud-Phänomen. Eine Infektanfälligkeit signalisiert Störungen der Immunabwehr. Zur diagnostischen Sicherung der Erkrankung gibt es keinen typischen klinischen, biochemischen oder genetischen Einzelbefund. Die Diagnose wird über ein umfangreiches internationales Konsensus-Dokument gesichert, aber erst nach sicherem Ausschluss genetisch determinierter und endokrinologischer Erkrankungen. Letztlich ist noch eine psychosomatische Komponente auszuschließen.

Methode Im Rahmen der Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenen-Medizin wurde bei einem 17-jährigen Jungen mit entsprechender klinischer Symptomatik die umfangreiche diagnostische Prozedur des CFS realisiert. Dabei wurden zusätzliche, bisher nicht beschriebene osteologische Befunde erhoben.

Ergebnisse Nach einer normalen Schulausbildung bis zur 6. Klasse im Gymnasium folgte der ursächlich nicht erklärbare progrediente Leistungsverlust durch sehr häufige Fehlzeiten. Schließlich musste die 9. Klasse deswegen wiederholt werden, und dabei kam es zum endgültigen Schulabbruch. Ursache war die oben beschriebene, sich progredient entwickelnde Symptomatik bei dem jetzt 17-jährigen marfanoid-hochgewachsenen Jungen, der die Wohnung nur noch selten wegen der nachfolgenden Schmerzen verlässt. Paraklinisch war ein extremer Mangel an 25 OHD3 auffällig, verbunden mit deutlich erhöhten Werten für die Ostase und das P1NP. In der Densitometrie ergaben sich Zeichen der Sarkopenie (appendikuläre Muskelmasse 18,6 kg/Norm > 20 kg; Sarkopenie-Index 5,64 kg/m2/Norm > 6,0 kg/m2) und einer deutlichen Osteoporose in allen Skelettbereichen. Eine Osteomalzie konnte nach Normalisierung des Vitamin-D-Mangels ausgeschossen werden. Genetisch und endokrinologisch bestanden keine Hinweise für ein Marfan-Syndrom bzw. einen Hypogonadismus.

Diskussion Pathogenetisch werden unter anderem als auslösende Mechanismen Infekte mit Störungen der Neuroimmunologie, Veränderungen des Darmmikrobioms und eine mangelnde Energiebereitstellung der Mitochondrien für das CFS diskutiert. Die Einordnung der osteologischen Befunde wird diskutiert. Die bisher beschriebenen therapeutischen Möglichkeiten sind begrenzt. Wichtig sind eine optimale Schulbildung und ein geduldiger, langfristiger Wiederaufbau der körperlichen Aktivität.

Korrespondenzadresse Ben Abendroth, Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Tatzendpromenade 2a, 07745 Jena, Deutschland, Germany

E-Mail abendroth@rheumatologie-jena.de