Z Gastroenterol 2020; 58(01): e19
DOI: 10.1055/s-0039-3402150
Poster Visit Session II Clinical Hepatology, Surgery, LTX: Friday, February 14, 2020, 2:40 pm – 3:25 pm, Lecture Hall P1
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Endokrine Störungen bei Leberzirrhose: häufig, aber wenig beachtet

G Christidis
1   Universitätsklinikum Homburg, Innere Medizin II, Homburg, Germany
,
F Lammert
1   Universitätsklinikum Homburg, Innere Medizin II, Homburg, Germany
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Publication Date:
03 January 2020 (online)

 

Hintergrund:

Bei Patienten mit Leberzirrhose sind häufig klinisch Malnutrition und ein kataboler Status festzustellen. Gleichzeitig werden wegen der Leberdysfunktion sowohl die Synthese als auch der Abbau von Hormonen beeinträchtigt, was deren Konzentrationen in komplexer Weise beeinflusst. Die unzureichende Versorgung mit Vitaminen und die Hormonstörungen verursachen häufig nur unspezifische Symptome, die von denen der Zirrhose schwer zu differenzieren sind. Daher untersuchten wir jetzt bei Patienten mit Leberzirrhose die Hypothese, dass es sich bei diesen Störungen um unterdiagnostizierte und nicht ausreichend behandelte Veränderungen handelt.

Patienten und Methodik:

In einer prospektiven Beobachtungsstudie bei Patienten mit neu diagnostizierter Leberzirrhose werden endokrinologische Parameter (Cortisol, ACTH, IGF-1, HbA1c) und die Konzentrationen des Vitamin D-Hormons sowie der anderen fettlöslichen Vitamine im Nüchternzustand zwischen 08:00 und 10:00 Uhr erfasst.

Ergebnisse:

Insgesamt wurden aktuell 23 Patienten mit Leberzirrhose unterschiedlicher Ätiologie im Child-Pugh-Stadium A bis C rekrutiert. Jeweils fünf Patienten (22%) hatten HbA1c-Werte, die diagnostisch für Prädiabetes (5,7 – 6,4%) oder Diabetes waren (> 6,5%). Die Messwerte von Cortisol und ACTH lagen bei allen Patienten im Referenzbereich (Cortisol-Mittelwert 11,9 µg/dl). Dagegen wiesen 57% der Patienten (13/23) einen IGF-1-Mangel auf (Mittelwert 49,4 ng/ml, Referenzbereich 45 – 210 ng/ml). Mit einem Mittelwert von nur 11,4 ± 4,6 ng/ml wiesen alle Patienten eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D (Referenzbereich 30 – 100 ng/ml). 83% der Patienten (19/23) hatten auch eine unzureichende Versorgung mit Vitamin A (Mittelwert 19,6 ± 9,1 µg/dl, Referenzbereich 30 – 70 µg/dl).

Diskussion:

Diese Pilotstudie weist auf eine hohe Prävalenz eines IGF-1-Mangels in Kombination mit einer unzureichenden Versorgung mit Vitamin A und D sowie gestörter Glukosetoleranz oder Diabetes mellitus bei Patienten mit Leberzirrhose, die sich in einem universitären Zentrum vorstellen, hin. Weitere Studien sind erforderlich, um zu klären, ob der Vitaminmangel und die Hormonstörungen eine Folge der Zirrhose sind und welche funktionellen Wechselwirkungen die endokrinen Störungen haben.