Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(S 01): E27
DOI: 10.1055/s-0039-3401130
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Bedeutung von Männervorbereitungskursen für die Geburtsbegleitung durch den Vater – Ergebnisse einer postpartalen quantitative und qualitative Paarbefragung

N Strüngmann
1   Ev. Amalie Sieveking-Krankenhaus, Gynäkologie und Geburtshilfe, Hamburg, Deutschland
,
M David
2   Campus Virchow-Klinikum Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie, Berlin, Deutschland
,
W Lütje
1   Ev. Amalie Sieveking-Krankenhaus, Gynäkologie und Geburtshilfe, Hamburg, Deutschland
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. November 2019 (online)

 

Einleitung:

Als Resultat einer jahrzehntelangen Entwicklung ist heute ein Großteil der werdenden Väter bei der Geburt des Kindes anwesend. Dennoch sind väterspezifische Geburtsvorbereitungen nur selten verfügbar. Primärziel des quantitativen Studienteils war es, die Auswirkungen eines Männervorbereitungskurses (MVK) auf das Geburtserleben des Paares mit der SIL-Ger (Salmon's Item List, dt. Fassung n. Stadlmayr) zu untersuchen und sekundär den Einfluss des MVK auf die Sectiorate und die Inanspruchnahme einer Periduralanästhesie (PDA) sub partu.

Mit dem ergänzenden qualitativen Teil sollte die Bedeutung des Partners für die Geburtsverarbeitung sowie der Effekt folgender Faktoren auf das Geburtserleben erfasst werden: Kontrollverlust, kontinuierliche Betreuung, Entscheidungsteilnahme und Konzentration auf sich selbst.

Material/Methode:

Entsprechend einer Fallzahlschätzung wurden im Rahmen dieser prospektiven Studie von Mai 2017 bis Januar 2019 70 Paare mit und 73 Paare ohne MVK-Teilnahme in den quantitativen Studienteil eingeschlossen. Die Datenerhebung erfolgte 48 – 96 Stunden postpartal auf der Wochenbettstation mittels Fragebögen (Rücklaufrate: 61%, Dropoutrate: 5%). Im Rahmen des qualitativen Studienteils wurden ca. 6 Wochen postpartum 12 Paare mittels Leitfadeninterview im Anschluss an eine Geburtsnachbesprechung befragt.

Ergebnisse:

(1) Primärfragestellung: Die SIL-Ger-Datenauswertung zeigt für das Geburtserleben keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen gibt (Männer mit vs. ohne MVK: p = 0,591 und deren Frauen: p = 0,152). (2) Sekundärfr.: Die PDA-Rate war in beiden Gruppen ähnlich (p = 0,799). Die Sectiorate war mit 21% bei Frauen, deren Partner einen MVK besucht hat, niedriger als bei den Frauen mit einem Partner ohne MVK-Teilnahme (38%; p = 0,027). Frauen wiesen unabhängig vom Bildungsgrad insgesamt ein weniger positives Geburtserleben auf als die männlichen Befragten (p = 0,000). Im qualitativen Teil gaben 12/12 der befragten Frauen an, dass der Partner hilfreich bei der Geburtsverarbeitung war. Alle Frauen mit einem positiven Geburtserleben weisen eine adäquate Einbindung in Entscheidungen sub partu als gemeinsames Merkmal auf.

Diskussion:

Es konnte kein signifikanter Effekt des MVK auf das Geburtserleben oder die PDA-Rate gezeigt werden. Ob die Teilnahme der Männer an einem MVK tatsächlich zu einer Reduktion der Sectiorate führt, sollte in einem größeren Kollektiv untersucht werden, da hier zahlreiche medizinische, aber auch nichtmedizinsche Faktoren eine Rolle spielen. Aufgrund der Multidimensionalität des Geburtserlebens muss diskutiert werden, ob ein zweistündiger MVK für einen entsprechenden Einfluss ausreichend ist. Ergänzend scheint die Einbindung der Gebärenden in Entscheidungsprozesse sub partu von Bedeutung zu sein. Bei der Entwicklung zukünftiger Vorbereitungskonzepte sollte dies berücksichtigt werden.