Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696174
Symposien
S24 Risikofaktoren bei pathologischem Glücksspiel
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Assoziation von Glücksspielsymptomatik und kultureller Herkunftsregion: Befunde aus der MIGUEL-Studie

A Trachte
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
D Brandt
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
B Besser
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
S Orlowski
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
G Bischof
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
A Bischof
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
H Hoffmann
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
T Stamer
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
HJ Rumpf
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung Menschen mit Migrationshintergrund stellen eine Hochrisikogruppe zur Entwicklung einer Gambling Disorder dar. Frühere Studien weisen auf eine Assoziation bestimmter Eigenschaften einzelner Kulturkreise und glücksspielbezogenen Problemen hin. Bislang ist der Zusammenhang der kulturellen Herkunftsregion mit der Ausprägung sowie dem Verlauf der Glücksspielsymptomatik ungeklärt.

Methode Bei einem proaktiven Screening in Berufsschulen in Schleswig-Holstein berichteten 488 Schüler*innen mit Migrationshintergrund ein mindestens auffälliges Glücksspielverhalten, von denen 207 an einer weiterführenden telefonischen Diagnostik teilnahmen. Nach durchschnittlich zehn Monaten konnten 73% (n = 151) zur Nachbefragung erreicht werden. Die Proband*innen wurden drei Clustern zugeteilt: Cluster Ost1 (Türkei, Länder des Mittleren und Fernen Ostens, Afrika; n = 110), Cluster Ost2 (Osteuropäische Staaten, Länder der ehemaligen Sowjetunion; n = 68) und Cluster West (West-, Süd- und Mitteleuropa, Australien, Nord-, Mittel- und Südamerika; n = 29). Glücksspielbezogene Probleme wurde mittels des Stinchfield Fragebogens erfasst. Mithilfe multinomialer logistischer Regressionsmodelle wurden die Zusammenhänge der kulturellen Herkunftsregionen und der Symptombelastung sowie des Verlaufs der Glücksspielsymptomatik betrachtet.

Ergebnis Proband*innen des Clusters Ost 1 wiesen im Vergleich zum Cluster West zum Baseline-Zeitpunkt eine signifikant höhere Symptomschwere auf (OR = 1.290, 95%-KI = 1.031 – 1.613, p = .026). Bezüglich der Anzahl genutzter Glücksspielarten konnten keine bedeutsamen Unterschiede gefunden werden. Jedoch nahmen Zugehörige des Clusters Ost 1 signifikant häufiger an Sportwetten teil (= .006) und es zeigte sich eine Tendenz für Sofortlotterien im Cluster West (= .064). Die Herkunftsregion Ost 1 erwies sich in der multivariaten Analyse bei Kontrolle auf Problemschwere zum Baseline-Zeitpunkt als signifikanter Risikofaktor für eine Verschlechterung der Glücksspielsymptomatik nach durchschnittlich zehn Monaten (OR = 5.065, 95%-KI = 1.682 – 15.250, p = .004).

Diskussion Die Befunde deuten darauf hin, dass die Zugehörigkeit zu Cluster Ost 1 mit einem erhöhten Risiko zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Glücksspielsymptomatik assoziiert ist. Dies ist für die Weiterentwicklung von kultursensiblen Behandlungsangeboten relevant und sollte bei der Ausgestaltung von Präventions- und Therapieangeboten berücksichtigt werden.