Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696100
Symposien
S05 Aktuelle Entwicklungen in der Suchtbehandlung: Wirksamkeit, Förderung der Teilhabe, Behandlungsindikation
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Klassifikation des schädlichen Substanzgebrauchs

M Vogelgesang
MEDIAN Klinik Münchwies
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Hintergrund Die APA trennt im DSM 5 nicht mehr zwischen Substanzabhängigkeit und schädlichem Substanzgebrauch sondern hat an die Stelle dieser Diagnosen das dimensionale Modell der Substanzgebrauchsstörungen gesetzt.

Klinisch stellt sich das Bild des schädlichen Gebrauchs allerdings durchaus als eigenständige Erkrankung dar. Auch hinsichtlich der sich aus den Diagnosen ergebenden Ziele gibt es im klinischen Setting in Deutschland eine differenzierte Betrachtungsweise. Während die Substanzabhängigkeit eine Abstinenz erfordert, ist beim schädlichen Gebrauch unter Umständen das Erlernen eines unschädlichen Gebrauchs möglich.

Methode 100 Anamnesen von psychosomatischen RehabilitationspatientInnen der MEDIAN Klinik Münchwies mit der Entlassdiagnose eines schädlichen Gebrauchs von Alkohol (Komorbidität) wurden auf das Vorliegen der ICD 10-Symptomkomplexe des Abhängigkeitssyndroms überprüft.

Ergebnisse Dabei fanden sich bei keinem schädlichen Gebraucher körperliche Entzugserscheinungen und lediglich einmal wurde über Toleranz im Sinne einer Dosissteigerung, um die ursprünglich angestrebte Wirkung zu erzielen, berichtet. Nicht nur die Inkaufnahme einer Selbstschädigung sondern auch Craving, Vernachlässigung von Verpflichtungen etc. sowie Kontrollverlust wurden hingegen mehrfach dokumentiert. Zahlen zur Häufigkeit ihres Vorliegens sowie ihrer Kombinationen werden dargestellt.

Diskussion Die Ergebnisse geben Anlass zu der Hypothese, dass bei schädlichem Gebrauch bereits Veränderungen des Reward-Systems eingetreten sind, allerdings eine neuroadaptive Gegenregulation nicht vorliegt. Die Entscheidung auch in der ICD-11 die Diagnose des schädlichen Gebrauchs als kategorial von dem Abhängigkeitssyndrom zu unterscheidende Entität zu definieren wird durch die Ergebnisse dieser Untersuchung unterstützt.

Therapeutische Implikationen werden diskutiert.