Ultraschall Med 2019; 40(S 01): S71-S72
DOI: 10.1055/s-0039-1695995
Poster
Postersitzung – Fetaler Ultraschall
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Apert Syndrom – ein klinischer Fall und die Bedeutung der genetischen Diagnostik

T Pahlitzsch
1   Charité Universitätsmedizin Berlin, Geburtsmedizin, Berlin, Germany
,
I Dressler
2   Sana Klinikum Lichtenberg, Gynäkologie und Geburtsmedizin, Berlin, Germany
,
W Henrich
1   Charité Universitätsmedizin Berlin, Geburtsmedizin, Berlin, Germany
,
S Verlohren
1   Charité Universitätsmedizin Berlin, Geburtsmedizin, Berlin, Germany
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Publication History

Publication Date:
28 August 2019 (online)

 

Das Apert-Syndrom ist eine seltene Erkrankung (Prävalenz 1 – 9/100,000). Ursächlich sind Mutationen im Fibroblast Growth Factor Receptor-2 (FGFR2)-Gen. Das Apert Syndrom führt zu variablen Deformitäten des Schädels mit Kraniosynostosen und Mittelgesichtshypoplasien sowie Fehlbildungen der Gliedmaße. Neurologische Entwicklungsstörungen können in > 50% der Fälle auftreten. Postnatal sind häufig chirurgische Interventionen notwendig. Wir berichten von einem Fall, in dem durch die pränatale Diagnose des Feten auch die Erstdiagnose eines Apert-Syndroms beim Kindsvater gestellt wurde.

Die Erstvorstellung der 35-jährigen 2.-Gravida, 1.-Para erfolgte in 31+1 Schwangerschaftswochen in der Klinik für Geburtsmedizin der Charité wegen einer auffälligen Kopfform des Feten Die Untersuchung ergab den Verdacht auf ein APERT-Syndrom bei bikoronaler und sagittaler Kraniosynostose ohne Beeinträchtigung der Gliedmaße. Das fetale MRT zeigte eine unauffällige Hirnmorphologie. Die molekulargenetische Diagnostik wies die FGFR-2 Variante p.(Pro253Leu) nach. Nach genetischer Untersuchung der Eltern wurde die Mutation auch beim Kindsvater diagnostiziert. Bis auf einen prominenten Kopf zeigt er keine Symptome. Als Geburtsmodus wurde eine primäre Sectio in 38+0 SSW wegen des vergößerten Kopfumfangs festgelegt. Es wurde ein lebensfrisches Mädchen geboren (3170 g, Länge 52 cm, Kopfumfang 37,5 cm > 97. Perzentile, APGAR 9/10/10).

Es bestand eine Scaphozephalie mit eingesunkenem Mittelgesicht. Bei Atemanpassungsstörung erhielt sie eine Atemunterstützung, die am zweiten Lebenstag beendet werden konnte. In der postnatalen Schädelsonografie und im cMRT bestätigten sich die pränatalen Befunde. Es gab keinen Anhalt für einen erhöhten intrakraniellen Druck. Eine neurochirurgische Korrektur ist im Verlauf geplant. Die Entlassung erfolgte am 9. Lebenstag.

Dieser Fall verdeutlicht, dass bei auffälliger Schädelform in der Pränataldiagnostik an eine vererbbare Kraniosynostose gedacht und eine genetische Diagnostik auch der Eltern veranlasst werden sollte. Die pränatale Diagnose ist zur Festlegung des geeigneten Geburtsmodus von Bedeutung. Die Geburt sollte in einem Perinatalzentrum mit Verfügbarkeit eines multidisziplinären Teams erfolgen. Mögliche Komplikationen umfassen eine Atemanpassungsstörung durch eine Mittelgesichtsdysplasie sowie einen erhöhten intrakraniellen Druck, sodass umgehende neurochirugische Interventionen nötig werden könnten.