Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 720-721
DOI: 10.1055/s-0039-1694533
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verhärtete Fronten zwischen Medizin und Ökonomie: Brauchen wir eine neue Gesprächskultur zwischen Ärzten und Ökonomen?

M Thanner
1   Kantonsspital St. Gallen, Frauenklinik, St. Gallen
,
E Nagel
2   Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften, Universität Bayreuth, Bayreuth
,
R Hornung
1   Kantonsspital St. Gallen, Frauenklinik, St. Gallen
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Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Oft wird hartnäckig auf die Unvereinbarkeit von Medizin und Ökonomie hingewiesen, wobei Widerstände auch über die Sprache deutlich werden. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, Annäherungsmöglichkeiten für die beiden Perspektiven aufzuzeigen.

Methoden:

In einer zirkulären Strategie wurde auf Einzelinterviews und ein Fokusgruppeninterview mit jeweils inhaltsanalytischer Auswertung zurückgegriffen. Insgesamt nahmen 24 Chefärzte an der empirischen Erhebung teil. 14 Gesprächspartner hatten diese Position bereits mindestens einmal aufgegeben, 10 waren aktuell in einer Chefarztposition tätig.

Ergebnisse:

Die Untersuchung zeigte ein breites Spektrum an Gründen, die zu verhärteten Fronten führen können. Ausdruck fanden diese in Formulierungen wie „der Businessgedanke habe sich im Gesundheitswesen eingenistet“ oder „eine Klinikführung sei besonders ökonomiebelastet“.

Chancen zur Annäherung bestehen, wenn es gelingt, das gegenseitige Verständnis von Ärzten und Ökonomen zu fördern sowie eine respektvolle Gesprächskultur zu etablieren. Weitere Anstrengungen sollten dahingehend unternommen werden, einen möglicherweise einseitigen Kostenfokus durch maßvolles Kostenbewusstsein abzulösen und bei Entscheidungen Transparenz hinsichtlich politischer und ökonomischer Interessen zu schaffen.

Diskussion:

Durch die Wahrnehmung der Emotionalität bei den Gesprächs- und Diskussionspartnern wurde neben der Sachebene auch die implizite Beziehungsebene der Fragestellung zugänglich. Es zeigten sich Konfliktdynamiken zwischen beabsichtigten oder unbeabsichtigten sowie gefühlten verbalen Angriffen, die eine Verhärtung von Frontstellungen begünstigen. Mehr Wertschätzung für die eigene Profession einzufordern, ist ein legitimes Anliegen. Es birgt jedoch dann Gefahren, wenn die Forderung nach größerer Wertschätzung für die eigene Profession mit der Abwertung anderer Berufsgruppen im Gesundheitswesen verbunden ist.