Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 714
DOI: 10.1055/s-0039-1694512
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Körperzwangshaltungen und Funktionsfähigkeit (NFAS-23): Veränderungen im 5-Jahres-Längsschnitt

S Jankowiak
1   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
,
N Kersten
1   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
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Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Körperzwangshaltungen wie Tätigkeiten in gebückter, hockender, kniender, liegender oder über Kopf arbeitender Position sind Arbeitsbelastungen, die 39% der Arbeitnehmer in Deutschland betreffen. Die für die Arbeitswelt reduzierte Norwegian Function Assessment Scale (NFAS-23) misst die Funktionsfähigkeit arbeitsfähiger Personen, ein Anstieg der Skalenwerte bedeutet einen Abfall der Funktionsfähigkeit. Zielsetzung ist, die Veränderung der Funktionsfähigkeit im Längsschnitt zu abzubilden.

Methoden:

Im Rahmen von zwei Befragungswellen der Studie zur Mentalen Gesundheit bei der Arbeit (S-MGA, t0 = 2011/12 und t5 = 2017) wurden Selbstangaben zum Zeitanteil der Exposition gegenüber Körperzwangshaltungen und die Items der NFAS-23 erfragt. Expositionsprävalenzen und Funktionsfähigkeitsskalen werden deskriptiv beschrieben. Als Effektschätzer für den Zusammenhang zwischen Arbeiten in Zwangshaltungen und Funktionsfähigkeit werden Regressionskoeffizienten verwendet (Tweedie-GLMs adjustiert für Altersdekaden, Behinderungen, angeborene Erkrankungen, Unfälle und BMI > 30, stratifiziert nach Geschlecht). Analysepopulation sind Erwerbstätige (≥14h/Woche) im Alter zwischen 31 und 60 Jahren zu Baseline.

Ergebnisse:

506 Männer und 371 Frauen arbeiteten zu beiden Zeitpunkten in Zwangshaltungen. Für Männer steigen die mittleren NFAS-23 Werte signifikant von 1,24 (CI = 1,21 – 1,28) zu t0 auf 1,36 (CI = 1,31 – 1,42) zu t5 an, analog für Frauen von 1,30 (CI = 1,26 – 1,34) auf 1,50 (CI = 1,44 – 1,55). Im Vergleich dazu weisen die 691 Männer und 765 Frauen ohne Zwangshaltungen geringere Skalenwerte zu t0 und t5 auf: Männer 1,16 (CI = 1,14 – 1,18) und 1,25 (CI = 1,22 – 1,28), Frauen 1,21 (CI = 1,19 – 1,24) und 1,34 (CI = 1,31 – 1,37).

Diskussion:

Bei Exponierten steigen die Skalenwerte im 5-Jahreszeitraum stärker an als bei den Nichtexponierten, d.h. die Funktionsfähigkeit fällt stärker ab. Die NFAS-23 scheint somit geeignet, über den Alterseffekt hinausgehende Veränderungen der Funktionsfähigkeit unter der physischen Arbeitsbelastung Zwangshaltung für beide Geschlechter anzuzeigen.