Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 704
DOI: 10.1055/s-0039-1694481
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Umweltressourcen im Wohnumfeld und subjektive Gesundheit: Spielt Geschlecht eine Rolle? Ein systematisches Review

G Bolte
1   Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Bremen
,
L Dandolo
1   Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Bremen
,
S Nanninga
1   Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Bremen
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Obwohl Geschlecht eine wichtige soziale Determinante für Gesundheit ist, wurden Bedeutung und Verwobenheit verschiedener Geschlechterdimensionen (sex/gender) in der Forschung zu umweltbezogener Gesundheit bisher kaum berücksichtigt. Das Verbundprojekt INGER hat zum Ziel, innovative Methoden für eine geschlechtersensible quantitative Forschung zu umweltbezogener Gesundheit mit Bezug auf gendertheoretische Ansätze interdisziplinär zu entwickeln und zu erproben. Das Ziel dieses systematischen Reviews war zu klären, ob Geschlecht in Studien zum Einfluss von Umweltressourcen im Wohnumfeld (Grün-/Blauflächen) auf subjektive Gesundheit berücksichtigt und welche gendertheoretischen Konzepte verwendet werden.

Methoden:

In drei Datenbanken wurden Studien aus 2000 – 2018 betrachtet. Ein Einschlusskriterium war die Analyse von potenziellen Geschlechterunterschieden in der Assoziation Umweltressourcen – selbstberichtete Gesundheit bei Erwachsenen. Grün-/Blauflächen konnten subjektiv (z.B. Zugang) oder objektiv (Satellitendaten/Vegetationsindex, Landnutzungskarte) erhoben sein.

Ergebnisse:

Von 4130 in der Datenbanksuche identifizierten Studien erfüllten sieben Querschnittstudien die Einschlusskriterien und hatten eine angemessene Qualität. Insgesamt zeigten die Studien eine positive Assoziation zwischen Grünflächen im Wohnumfeld und selbstberichteter Gesundheit. Es gab keine oder nur geringe Evidenz für Geschlechterunterschiede. Alle Studien nutzten lediglich eine binäre Operationalisierung (weiblich/männlich) für Geschlecht ohne weitergehende theoretische Fundierung. Die unterschiedliche und in zwei Studien auch synonyme Verwendung der Begriffe „gender“ und „sex“ zeigte konzeptuelle Verwirrung. Weder in der Fragestellung noch in der Diskussion wurde ausreichend und in Bezug auf gendertheoretische Konzepte begründet, warum nach Geschlecht stratifizierte Analysen durchgeführt wurden. Die Ergebnisse in Bezug auf Geschlecht wurden in den Studien gar nicht oder nur oberflächlich diskutiert.

Diskussion:

Die Qualität der Forschung kann erhöht werden, wenn systematisch gendertheoretische Konzepte und deren Operationalisierung für Forschungsfragestellungen zu umweltbezogener Gesundheit weiterentwickelt werden.