Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 702
DOI: 10.1055/s-0039-1694474
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Konzepte für ein migrationssensibles Gesundheitsmonitoring

K Kajikhina
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
M Schumann
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
N Sarma
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
T Lampert
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
C Santos-Hövener
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Das Projekt „Improving Health Monitoring in Migrant Populations“ (IMIRA) hat zum Ziel ein migrationssensibles Gesundheitsmonitoring aufzubauen und die bessere Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund in die Gesundheitssurveys des RKI zu fördern. Notwendig ist hierbei eine differenzierte Erfassung von relevanten Merkmalen und Faktoren jenseits des Migrationshintergrunds, der lediglich über Geburtsland und/oder Staatsangehörigkeit definiert wird. Ein Schwerpunkt des Projekts liegt deshalb auf der Überprüfung und Weiterentwicklung angewandter Konzepte und Erhebungsinstrumente.

Methode:

Es wurde eine Literaturrecherche zur Anwendung der Konzepte Akkulturation, Diskriminierung sowie Religion in der Epidemiologie durchgeführt. Zusätzlich führten wir eine vergleichende Diskussion der in repräsentativen Wiederholungsbefragungen verwendeten Erhebungsinstrumente (bspw. Befragungen des SOEP, des Berliner Instituts für Migrationsforschung, der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sowie die KiGGS- und DEGS-Erhebungen des Robert Koch-Instituts). Bereits eingesetzte Konzepte wurden überarbeitet und neue Erhebungsinstrumente etabliert.

Ergebnisse:

Das Konzept der Akkulturation zeigt einige Inkonsistenzen bezüglich der theoretischen Einbettung, Operationalisierung und Messung auf. Gesundheitsrelevante Dimensionen wie Sprachkenntnisse, Zugehörigkeitsgefühl, Aufenthaltsdauer sowie Migrationsmotive sollten erhoben werden, von zusammenfassenden Aussagen über einen „Akkulturationsgrad“ sehen wir jedoch ab.

Interpersonelle und strukturelle Diskriminierung spielt eine entscheidende Rolle für die gesundheitliche Situation der Betroffenen. Die Erhebung von subjektiv wahrgenommener Diskriminierung ermöglicht eine differenzierte Analyse dieser Wechselwirkung via Selbstauskunft. Auch Religion kann als wichtiger Erklärungsfaktor gesundheitlicher Lagen dienen.

Diskussion:

Die weiterentwickelten Konzepte ermöglichen eine Analyse gesundheitlicher Lagen, systematischer Ausschlüsse und der damit verbundenen Versorgungsbarrieren einer heterogenen Bevölkerung, die allein mit dem Fokus auf den sogenannten „Migrationshintergrund“ nicht gewährleistet wird. Die Empfehlungen sollten perspektivisch nicht ausschließlich in migrationsbezogenen Studien, sondern in allen Bevölkerungssurveys Anwendung finden.