Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 698
DOI: 10.1055/s-0039-1694462
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinische Informationsbedarfe von Frauen mit einer Mutation in einem sogenannten „moderaten Risikogen“ für familiären Brust- und Eierstockkrebs

C Stracke
1   Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln, Köln
,
S Kautz-Freimuth
1   Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln, Köln
,
C Lemmen
1   Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln, Köln
,
K Rhiem
2   Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, Universitätsklinikum Köln, Köln
,
R Schmutzler
2   Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, Universitätsklinikum Köln, Köln
,
S Stock
1   Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln, Köln
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Brustkrebs ist mit jährlich 72.000 neudiagnostizierten Fällen die häufigste Krebserkrankung von Frauen in Deutschland. Circa 30% sind durch eine familiäre Keimbahnmutation bedingt, wobei außer den Hochrisikogenen BRCA1/2 verstärkt Mutationen in sogenannten „moderaten Risikogenen“ im Fokus stehen. In einem Genbefundgespräch erhalten Mutationsträgerinnen gezielte Informationen zu ihrem Genbefund und ihren Risiken. Ziel dieser Studie war es, durch leitfadengestützte Einzelinterviews den medizinischen Wissensstand von Frauen mit einer ihnen bereits bekannten Mutation in einem „moderaten Risikogen“ sowie fortbestehende Informationsbedürfnisse herauszuarbeiten.

Methoden:

Es wurden halbstrukturierte, leitfadengestützte Einzelinterviews mit Frauen geführt, die eine Mutation in einem „moderaten Risikogen“ aufweisen. Die Rekrutierung erfolgte zielgerichtet über das Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs der Uniklinik Köln. Die Erstellung des Leitfadens richtete sich nach den Methoden des Problemzentrierten Interviews nach Witzel. Die Analyse der Interviews orientierte sich an der qualitativen Inhaltanalyse nach Mayring und erfolgte computergestützt (MAXQDA).

Ergebnisse:

Insgesamt wurden 12 Frauen (29 – 59 Jahre) mit Mutation in den Risikogenen CHEK2 (n = 8), ATM (n = 3) oder PALB2 (n = 1) rekrutiert, darunter 3 gesunde und 9 bereits an Brustkrebs erkrankte Frauen. Es ergab sich ein hoher medizinischer Informationsbedarf. Insbesondere bezüglich Vererbung und Erkrankungsrisiken entsprach der Wissenstand nicht den im Genbefundgespräch vermittelten Informationen. Unverständnis bestand außerdem bezüglich der Zusammenhänge zwischen Brustkrebstherapie und Mutationsstatus. Diese Unklarheiten können mit Angst, Beunruhigung und Schuldgefühlen verbunden sein sowie eigene Konzepte bezüglich der Krankheitsentstehung begünstigen.

Diskussion:

Frauen mit Mutation in einem „moderaten Risikogen“ für Brustkrebs entwickeln trotz Genbefundberatung im Lauf der Zeit weiteren Informationsbedarf. Um negativen Gefühlen entgegenzuwirken, sollten evidenzbasierte, laienverständliche und bedürfnisorientierte schriftliche Informationen entwickelt werden.