Diabetologie und Stoffwechsel 2019; 14(S 01): S69-S70
DOI: 10.1055/s-0039-1688308
Poster
Epidemiologie und Versorgung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gestörtes Essverhalten bei jungen Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes: Prävalenz, psychosoziale Belastungen und Therapiesituation

H Saßmann
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Germany
,
A Dehn-Hindenberg
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Germany
,
M Jördening
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Germany
,
F Huhn
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Germany
,
K Lange
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Germany
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. Mai 2019 (online)

 

Fragestellung:

Das gleichzeitige Auftreten von Typ-1-Diabetes und gestörtem Essverhalten bei Kindern- und Jugendlichen sowie Erwachsenen ist mit einer schlechteren Stoffwechseleinstellung und einem erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen verbunden. In dieser Studie wurden die Prävalenz essgestörten Verhaltens, psychosoziale Belastungsfaktoren sowie die psychosoziale Versorgungssituation in einer Gruppe junger Erwachsener erhoben.

Methode:

Mit einem strukturierten Fragebogen wurden 308 Teilnehmende eines Diabetescamps (16 – 29 Jahre) zu psychosozialen Belastungen sowie der psychosozialen Versorgungssituation befragt. Gestörtes Essverhalten wurde mithilfe des diabetesspezifischen Screeningfragebogens Diabetes Eating Problem Survey-Revised (DEPS-R) erhoben. Ein Großteil der Teilnehmenden wurde in der Erwachsenenmedizin betreut (n = 229 (74%)).

Ergebnisse:

Bei 28,2% (n = 87) der Befragten lagen die Werte des DEPS-R über dem Cut-off (17% der Männer, 32% der Frauen). Es bestanden signifikante Zusammenhänge zwischen dem DEPS-R zum Wohlbefinden, BMI und HbA1c. Teilnehmende mit Werten über dem Cut-off berichteten häufiger über schwere Ketoazidosen (Chi2 = 21,477; p < 0,000), Klinikaufenthalte (Chi2 = 10,947; p = 0,001) und schwerwiegende Probleme (Chi2 = 25,885; p < 0,000) in den letzten 12 Monaten sowie bereits diagnostizierte Folgeerkrankungen (Chi2 = 8,315; p = 0,004). Nur 7% (n = 6) der im Hinblick auf ihr Essverhalten auffälligen Befragten war in den letzten 12 Monaten aufgrund von Essstörungen psychologisch betreut worden.

Schlussfolgerungen:

Die Teilnehmenden weisen eine hohe Prävalenzrate von gestörtem Essverhalten auf, mit signifikanten Zusammenhängen zur Qualität der Stoffwechseleinstellung und zum Wohlbefinden. Probleme im Zusammenhang mit dem Essverhalten bleiben bis ins Erwachsenenalter hinein bestehen oder treten erst im Laufe des jungen Erwachsenenalters auf. Nur ein geringer Anteil der Betroffenen erhält psychologische Unterstützung. Diabetesspezifische Screeninginstrumente sollten auch in der Erwachsenendiabetologie, insbesondere bei jungen Frauen, standardisiert eingesetzt werden.