Kinder- und Jugendmedizin 2019; 19(01): 56
DOI: 10.1055/s-0039-1682834
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Georg Thieme Verlag KG

Psychotherapie nach Flucht und Vertreibung

Solmaz Golsabahi-Broclawski
1   Bielefeld
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Publication Date:
27 February 2019 (online)

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Borcsa M, Nikendei C. Psychotherapie nach Flucht und Vertreibung. Stuttgart: Thieme Verlag 2017. 208 Seiten, 1 Abbildung. 24,99 Euro. ISBN 978-313-240-750-3

Das Buch ist inhaltlich ausgerichtet auf das Thema „Präsenztherapie”. Die Präsenz und unsere Sehnsucht nach ihr, ausgedrückt in Körperlichkeit, wird aus verschiedenen Perspektiven thematisiert und inhaltlich erarbeitet. Das Buch gliedert sich in 14 Abschnitte mit unterschiedlichen Schwerpunkten der Thematik. Zu Beginn erfolgt eine umfassende und aktuelle Einführung in die Begrifflichkeiten und der Betrachtung aus unterschiedlichen kulturellen Blickwinkel. Hierbei bekommt der Leser eine ausführliche Darstellung möglicher Präsenzorientierungen: vom abendländischen Blickwinkel bis hin zur buddhistischen Sicht des Leib-Seele-Dualismus. Das darauffolgende Kapitel unternimmt den Versuch der psychiatrischen Themen und der diagnostischen Fragestellungen in der Psychotherapie und beschreibt die Rolle und Relevanz der Präsenz in der psychotherapeutischen Sprechstunde.

Hauptthema des Buches ist die mögliche Psychotherapie mit der Berücksichtigung des Augenblicks in der Therapie. Hierbei wird der Diskurs zwischen interdisziplinäre und interkulturelle Interpretationen anhand von Beispielen aus unterschiedlichen Kulturen und psychotherapeutischen Schulen dargestellt. Die Arbeit mit Körperempfindungen unter Wahrnehmung der Sichtweise der Präsenztherapie wird konkret erörtert und anhand von angewandte Entspannung aus dem buddhistischen im Sinne von Achtsamkeit untermauert. Im Letzten Kapitel wird der mögliche Einsatz und die Einbindung der Präsenztherapie im stationär psychiatrisch-psychotherapeutischen Modellprojekten nicht nur vorgestellt, sondern auch konkret und kritisch diskutiert.

Das Werk gibt sowohl somatisch als auch psychiatrisch tätigen Ärzten neue Denkanstöße zu einem besseren Verständnis des Leib-Seele Dualismus. Die älteren Begrifflichkeiten des Abendlandes werden neu reflektiert und über den Tellerrand im Sinne der transkulturellen Forschung diskutiert und neu interpretiert. Die Zusammenführung von abendländischen und fernöstlichen Erkenntnissen und Herangehensweisen ermöglich einen weiteren, ganzheitlicheren Blick auf den Patienten.