Osteologie 2019; 28(01): 45-46
DOI: 10.1055/s-0039-1679965
Freie Vorträge Osteoonkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Häufigkeit und Art stationärer Behandlungen bei angeborenen multiplen Exostosen (MO)

S Wahler
1   Clementia Pharmaceuticals, Hamburg
,
P Raab
2   Universität Würzburg, Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus, Wirbelsäulenorthopädie, Würzburg
,
L Seefried
2   Universität Würzburg, Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus, Wirbelsäulenorthopädie, Würzburg
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Publication Date:
05 March 2019 (online)

 

Einleitung:

Angeborene multiple Exostosen bzw. Multiple Osteochondrome (MO) bezeichnet eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, charakterisiert durch das oft multifokale Auftreten primär benigner Osteochondrome. Die typische Lokalisation nahe der Wachstumsfugen kann einhergehen mit gestörtem Längenwachstum, Bewegungseinschränkung und Schmerzen. Ursächlich sind regelhaft loss-of-function Mutationen der Gene EXT1 und EXT2, die Glykosyltransferasen kodieren. Die Inzidenz wird 1:50.000 geschätzt. Bei 70% der Patienten liegt eine familiäre Form vor, bei 30% eine Neumutation. Die individuelle Ausprägung der MO ist sehr variabel. Wesentliche Therapieform ist die operative Entfernung der Osteochondrome. Da es für Deutschland kaum epidemiologische Daten zur MO gibt, sollen die stationären Aufenthalte von Patienten mit dem spezifischen ICD-Code (Q78.6) analysiert werden.

Methode:

Daten der stationären Versorgung des statistischen Bundesamtes 2005 – 2016, des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus und Qualitätsberichte für das Jahr 2015 wurden auf MO-Kodierungen untersucht und ausgewertet. Analyse mit Microsoft Excel und Access 2016.

Ergebnisse:

2016 wurden 269 stationäre Fälle mit MO als Hauptdiagnose (HD) und 230 als Nebendiagnose (ND) kodiert. 2005 lagen die Werte noch bei 200 als HD und 238 als ND. Die Gesamtzahl der Fälle schwankte im Beobachtungszeitraum zwischen 393 und 518 pro Jahr, zuletzt steigend. Patienten wurden in 87 verschiedenen stationären Einrichtungen behandelt (HD) wobei 95% in chirurgischen oder orthopädischen Fachabteilungen, bzw. Kinderfachabteilungen erfolgten, 24% in universitären Einrichtungen. Kodiert wurden zu 97% operative DRG des Muskel- und Skeletsystems. Das Durchschnittsalter lag 2016 bei 18,5 Jahren (Median 20J; nur HD). Männliche Patienten waren im Mittel 17,7, weibliche 20,1 Jahre alt. Es gibt eine Lücke in der Altersverteilung mit wenigen Versorgungen in der Transitionsphase vom 20. bis 25. Lebensjahr. Seit 2005 hat sich das Altersmittel um knapp zwei Jahre verjüngt. In 2016 betrafen 64,3% der Fälle (HD) männliche Patienten. Dies entspricht recht konstant der der Relation seit 2005, ebenso sind männliche Patienten zum Behandlungszeitpunkt im Mittel etwa zwei Jahre jünger sind als weibliche. Durchschnittliche Verweildauer war bei beiden Geschlechtern mit 4,1 Tagen gleich.

Diskussion:

Stationär operationsbedürftige Fälle von MO sind in Deutschland selten mit leicht steigender Tendenz. Bemerkenswert sind die Ungleichverteilung der Geschlechter vor der Hintergrund einer autosomalen Erkrankung sowie das zunehmend geringere Alter der Männer bei stationären Eingriffen. Die Lücke im Transitionsalter könnte man u.a. auf das Fehlen eines krankheitsspezifischen Transitionsprogrammes zurückführen. Aus den Krankenhausfalldaten kann keine exakte Prävalenz abgeleitet werden. Hierzu wären gezielte Forschungsansätze oder eine systematische Erfassung in einem Register erforderlich.