Osteologie 2019; 28(01): 44
DOI: 10.1055/s-0039-1679961
Freie Vorträge Osteoonkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Jahrelange antiandrogene Therapie – osteospezifische Therapie außerhalb der Leitlinie

U Lange
1   Universität Gießen, Campus Kerckhoff, Rheumatologie, Osteologie, Physikalische Medizin, Bad Nauheim
,
G Dischereit
2   Rheumazentrum Mittelhessen, Rheumatologie, Bad Endbach
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Publication Date:
05 March 2019 (online)

 

Einleitung:

Erstvorstellung eines 35-jährigen Mannes im Jahr 2016 in der osteologischen Ambulanz, der wegen schwerer sexueller Deviationen mit Fremdschädigungen in der geschlossenen Psychiatrie mit einer triebdämpfenden Therapie (2009 – 2013 Cyproteronacetat – Androcur®, seit 2013 Triptorelin – Salvacyl®) behandelt wurde.

Methode:

Knochendichteverlauf vor der Erstvorstellung: Im Jahr 2010 T-Score L1 – 4: -1,8 und am li. SH ges.: -2,2, ohne Therapiekonsequenz. Im Jahr 2012 T-Score LWK 1 – 4: -3,1 und am li. SH ges.: -2,4, wieder ohne Therapiekonsequenz. Im Jahr 2014 T-Score L1 – 4: -3,8 und am li. SH ges.: -3,4, Gabe von Dekristol 20.000 IE alle 10 Tage. Im Jahr 2016 T-Score L1 – 4: -4,3 und am li. SH ges.: -4,0, Beginn mit Aclasta® 5 mg/a sowie adäquate CaD-Supplementation.

Ergebnisse:

Aufgrund der Knochendichtemessung bei der Erstvorstellung im Jahr 2016 erfolgte die Einleitung einer Jahresinfusionstherapie mit Aclasta® 5 mg. Ein 25-OH-Vitamin D3-Defizit (12 ng/ml) wurde substituiert (Dekristol 20.000 IE 3x/Wo. über 2 Monate, anschließend bei normwertigem Spiegel 1 Kapsel alle 14 Tage) plus 1 g Calcium/die. Empfehlung eines osteospezifischen Trainings. Im Jahr 2016 kam als weiterer Risikofaktor ein Insulin-pflichtiger Diabetes mellitus Typ II hinzu. Bei der Wiedervorstellung im Jahr 2018 zeigte sich unter diesen Therapiemaßnahmen eine Zunahme der Knochendichte (T-Score axial -3,5 und am li. SH ges. – 3,5), ohne Frakturmanifestationen in der Zwischenzeit.

Diskussion:

Die Indikation für eine osteospezifische Medikation war schon 2012 gegeben. Trotz verspätetem Beginn konnte ab 2016 eine Zunahme der Knochendichte unter o.g. Therapieregime objektiviert werden. Neben präventiven Maßnahmen (Optimierung der CaD-Bilanz, Reduktion reversibler Risikofaktoren, im vorliegenden Fall Nikotinkarenz) kommt der Evidenz-basierten Therapie mit Bisphosphonaten eine zentrale Rolle zu. Bisphosphonate sind zwar nicht zur Prävention aber zur Therapie des erhöhten Frakturrisikos zugelassen. Die Therapiedauer richtet sich nach Frakturrisiko und Dauer der antiandrogenen Therapie.