Die Psychiatrie 2011; 08(02): 112-118
DOI: 10.1055/s-0038-1671881
Schwerpunkt
Schattauer GmbH

Anhaltende wahnhafte Störungen

Sind sie eine Unterform der Schizophrenie?Persistent delusional disorders – a subform of schizophrenia?
A. Marneros
1   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. September 2018 (online)

Zusammenfassung

Anhaltende wahnhafte Störungen sind eine Gruppe von psychischen Störungen, die als einziges prominentes Symptom einen in der Regel monothematischen Wahn haben. Andere psychische Funktionen oder Bereiche der Persönlichkeit sind primär nicht in Mitleidenschaft gezogen. Die Kategorie der anhaltenden wahnhaften Störungen hat in den modernen diagnostischen Systemen die alte Kategorie der Paranoia abgelöst. Es wird diskutiert, ob die moderne Psychiatrie eine solche Kategorie noch benötigt oder ob es sich bei den genannten Störungen um eine Unterform schizophrener Erkrankungen handelt. Die verfügbaren Daten sprechen eindeutig für die Autonomie und Autochthonie der anhaltenden wahnhaften Störungen. Sie unterscheiden sich auf verschiedenen Ebenen signifikant von schizophrenen Störungen. Ihre Entstehung bleibt jedoch ein Rätsel. Die Befunde der verschiedenen Erklärungsansätze, wie etwa phänomenologisch-dynamische, psychodynamische, persönlichkeitspsychologische, neuropsychologische oder biologisch-genetische, haben noch keine Generalisierungsvalenz. Obwohl man sicher sein kann, dass anhaltende wahnhafte Störungen als eine autonome Störung bezeichnet werden können, stellen die besonders schwierige Prognose und Therapie sowie die rätselhafte Entstehung eine besondere Herausforderung für Klinik und Forschung dar.

Summary

Persistent delusional disorders are a group of mental disorders with normally monothematic delusions as the only prominent symptom, whereas other mental functions and personality features remain intact. In the modern diagnostic systems they have replaced the old category of paranoia. It is being discussed if modern psychiatry still needs such a category or if it is a subgroup of schizophrenic disorders. The available data support the autonomous and autochthonous character of persistent delusional disorders. They differ significantly from schizophrenia at various levels. The formation of delusions, however, is mysterious. The findings of various explanatory approaches in the fields of phenomenology, psychodynamics, personality psychology, neuropsychology, or genetics still cannot be generalized. Although persistent delusional disorders certainly constitute an autonomous entity, their difficult prognosis and therapy as well as their mysterious formation challenge clinicians and researchers.