Die Psychiatrie 2015; 12(02): 85-93
DOI: 10.1055/s-0038-1669891
Clinical Research
Schattauer GmbH

Das „Attenuierte Psychose-Syndrom“ in DSM-5

Was ist erreicht, und wie soll es weitergehen?The „Attenuated Psychosis Syndrome“ in DSM-5: What has been achieved and where to go next?
J. Klosterkötter
1   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum der Universität zu Köln
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Publication History

Eingegangen: 26 March 2015

Angenommen nach Revision: 13 April 2015

Publication Date:
18 September 2018 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Der Vorschlag, für das erfolgreich herausgearbeitete klinische Hochrisikostadium im Vorfeld psychotischer Erstmanifestation eine eigenständige DSM-5-Diagnosekategorie zu schaffen, hat eine Reihe von strukturellen Fragen aufgeworfen, die für die Weiterentwicklung unserer psychiatrischen Diagnostik von grundsätzlicher Bedeutung sind. Sollten in der Zukunft auch Risikosyndrome in den gültigen Klassifikationssystemen verankert werden, wenn ihre rechtzeitige Feststellung signifikante Vorteile für die Betroffenen und ihre Familien mit sich bringt? Wie kann überhaupt der sich sowohl grundlagenwissenschaftlich als auch versorgungspraktisch abzeichnende Übergang zu einer prädiktiven und präventiven Medizin in der nach wie vor klinisch-nosologisch orientierten psychiatrischen Diagnostik Berücksichtigung finden? Methoden: Der Beitrag stellt zunächst den heutigen Entwicklungsstand der klinischen Hochrisikoforschung auf dem Gebiet der Psychosen dar und erläutert die Transformation später Hochrisikokriterien in das für den Einschluss in DSM-5 vorgeschlagene „Attenuierte Psychosesyndrom“. Ziel: Anschließend werden die Argumente für und gegen die offizielle Anerkennung als Diagnosekategorie, die tatsächlich erfolgte Inklusion des Syndroms in DSM-5 sowohl unter den klinischen Erscheinungsbildern mit weiterem Forschungsbedarf als auch unter den Diagnosen des Schizophreniespektrums sowie die sich hieraus ergebenden Zukunftsperspektiven diskutiert.

Summary

Background: The proposal to create an autonomous DSM-5 diagnostic category for the successfully worked out high-risk clinical stage prior to the onset of psychoses raised a number of structural issues which are of fundamental importance for the further development of psychiatric diagnoses. Should risk syndromes in the future also be incorporated in the applicable classification systems if their timely detection brings significant benefits to persons affected and their families? How can the emerging transition of both basic research as well as medical care in a predictive and preventive medicine find consideration in the still nosologically oriented psychiatric diagnostics? Methods: In the first instance, this paper presents the current state of development of clinical high risk research in the field of psychosis explaining the transformation of later high risk criteria in the „Attenuated Psychosis-Syndrome“ proposed for inclusion in DSM-5. Aim: Then the arguments for and against the official recognition as a diagnostic category, the actually performed inclusion of the syndrome in DSM-5, both among clinical presentations with further research needs as well as among the diagnoses of the schizophrenia spectrum and the resulting future perspectives are discussed.