Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e4
DOI: 10.1055/s-0038-1667880
SYMPOSIEN
Nachwuchssymposium – Junge Perspektiven der Medizinischen Soziologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diagnosebezogene Unterschiede beim Zugang zur medizinischen Rehabilitation. Eine quantitative Analyse zu psychischen Beeinträchtigungen

J Markert
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
EM Fach
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
A Fink
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
M Richter
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Psychische Beeinträchtigungen (PB) gewinnen im Gesundheits- und Rentensystem zunehmend an Bedeutung. Psychische Diagnosen bilden mit 43% mittlerweile die häufigste Ursache für eine Erwerbsminderungsrente und sind die zweithäufigste (21%) im Bereich medizinischer Rehabilitation [1]. Bisherige Studien zeigen, dass insbesondere bei psychischen Beeinträchtigungen eine vorgelagerte Rehabilitation in vielen Fällen nicht erfolgte. Ziel des Beitrages ist eine Analyse diagnosebezogener Unterschiede im Zugang (Antrag & Bewilligung) zur medizinischen Rehabilitation (LMR) in einer Risikokohorte der DRV Bund mit vorherigem Krankengeldbezug.

Material & Methoden:

Grundlage der Sekundärdatenanalyse ist das „Dritte Sozialmedizinische Panel für Erwerbspersonen“ (SPE-III) [2]. Der Zugang zu LMR (2013 bis 2016) wurde mithilfe von beantragten bzw. bewilligten Leistungen zum Erstantrag aus den Versichertenkonten der DRV Bund (n = 2368) generiert. Es erfolgte ein Datenlinkage mit den Erhebungswellen der Jahre 2013 und 2015 aus dem SPE-III. Angaben zu Diagnosen psychischer Beeinträchtigungen und allg. Gesundheit wurden über die Selbstangabe der Versicherten erhoben. Deskriptive Verfahren und logistische Regressionen wurden angewandt.

Ergebnisse:

Von 2368 Versicherten gaben 884 eine Diagnose im Bereich PB und 1484 mind. eine somatische Diagnose ohne PB (SE) an. Der überwiegende Anteil der Versicherten mit PB (84,6%) berichtete von einer Kombination psychischer und somatischer Diagnosen. Von den 317 Anträgen mit PB wurden 82,6% bewilligt sowie 86% der 365 Anträge mit SE. Personen mit PB berichteten signifikant häufiger (55,5%) von einer schlechten allgemeinen Gesundheit als Personen mit SE (32,3%). Es zeichnet sich ab, dass unter Kontrolle der Variablen Alter, Geschlecht und allg. Gesundheit Versicherte mit PB im Vergleich zu Versicherten mit SE eine signifikant 1,4-fach (p < 0,05)höhere Chance auf das Stellen eines Reha-Antrages haben. Bei der Bewilligung lassen sich keine signifikanten diagnosespezifischen Unterschiede feststellen.

Diskussion:

Versicherte der Risikokohorte mit PB beantragen signifikant häufiger LMR als rein somatisch Erkrankte. Die Bewilligungsquote war in beiden Gruppen hoch. Die Selbstangabe der Diagnose sollte u.a. als Limitation berücksichtigt werden.

Schlussfolgerung:

Versicherte mit PB stellen eine gesonderte Risikogruppe dar.

Literatur:

[1] Deutsche Rentenversicherung Bund. Rentenzugang 2014. Statistik der Deutschen Rentenversicherung. Band 203. Berlin: Deutsche Rentenversicherung Bund; 2015.

[2] Bethge M, Spanier K, Neugebauer T, Mohnberg I, Radoschewski FM. Self-Reported Poor Work Ability–An Indicator of Need for Rehabilitation? A Cross-Sectional Study of a Sample of German Employees. Am J Phys Med Rehabil. 2015;94:958 – 66. doi:10.1097/PHM.0000000000000281.