Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(06): A57-A58
DOI: 10.1055/s-0038-1660635
Postersession: Samstag, 9. Juni 2018: 10.30 – 11.30 Uhr, Foyer
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Virilisierung in der Schwangerschaft: Ein Fallbericht

M Condic
1   Zentrum für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, Universitätsklinikum Bonn
,
WM Merz
1   Zentrum für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, Universitätsklinikum Bonn
,
U Gembruch
1   Zentrum für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, Universitätsklinikum Bonn
,
D Klingmüller
2   Medizinische Klinik und Poliklinik I, Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinikum Bonn
,
B Stoffel-Wagner
3   Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum Bonn
,
R Dolscheid-Pommerich
3   Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum Bonn
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Publication History

Publication Date:
06 June 2018 (online)

 

Hintergrund:

Eine Hyperandrogenämie in der Schwangerschaft ist ein sehr seltenes Ereignis. Zu den häufigsten Ursachen gehören Nebennierenrinden-Adenome, Luteome und Theca-Lutein-Zysten der Ovarien.

Der klinische Fall:

Die Patientin (G1/P0) stellte sich erstmalig in 21+0 SSW im Z.n. Insemination bei PCO vor. In der 17. SSW waren Heißhungerattacken, Schlaflosigkeit und Herzrasen aufgetreten, eine Behandlung mit Metoprolol wurde begonnen. Bei der abdominalen Ultraschalluntersuchung wurden neu aufgetretene polyzystisch vergrößerte Ovarien beidseits nachgewiesen. Die Laborkontrollen waren allesamt im Normbereich (siehe Tabelle). Engmaschige Verlaufskontrollen erfolgten. Metoprolol wurde im Verlauf abgesetzt. In der 32. SSW berichtete die Patientin erstmalig über eine deutlich veränderte, tiefere Stimmlage; bei der klinischen Untersuchung fanden sich auch eine Klitorishypertrophie und Seborrhoe am Rücken. Die Virilisierung bestätigte sich durch stark erhöhte Testosteronwerte i.S. (maximal gemessener Wert 34,7 ng/ml), siehe Tabelle. CA125 und Inhibin lagen im Normbereich. Aufgrund der extrem hohen Testosteronwerte erfolgte die Geburtseinleitung in 37+1 SSW, vaginale Geburt eines männlichen Neugeborenen in 37+5 SSW (2920 g, 22. Perzentile, Apgar 9/10/10, pH 7,22). Eine direkt postpartal durchgeführte MRT Abdomen/Becken ergab bis auf prominente Ovarien beidseits einen unauffälligen Befund. Vier Wochen postpartal hatten sich die Hormonwerte normalisiert, desgleichen die Sonografie der Ovarien; klinische Zeichen der Hyperandrogenämie waren bis auf die veränderte Stimmlage ebenfalls zurückgebildet.

Tab. 1

Datum

9/4/17

12/6/17

12/13/17

1/10/18

1/17/18

1/22/18

1/29/18

2/5/18

2/13/18

SSW

18+4

31+6

32+6

36+6

Geburt

5 d pp

12 d pp

19 d pp

27 d pp

HCG (IU/l)

59131

64228

53166

14227

312

26

8

4

Testosteron (ng/ml)

35

33

> 15

> 15

26

1

0,1

< 0,02

SHBG (nmol/l)

636

655

646

453

323

203

161

111

TSH

0,06

0,9

1,5

fT4

0,9

0,9

1

freier Androgenindex

19

28

2

0,1

17-OHP (ng/ml)

21

15

22

10

5

0,8

0,7

ACTH (pg/ml)

57

45

28

22

24

21

Estradiol (pg/ml)

22592

25394

864

540

17

< 5

< 5

Progesteron (ng/ml)

171

173

211

22

1

< 0,05

< 0,05

< 0,05

Zusammenfassung:

Die Kombination der Symptome sowie der klinische Verlauf unseres Falles ist ungewöhnlich. Letztlich bestätigte sich die Verdachtsdiagnose Theca-Lutein-Zysten. Diese treten gehäuft bei Frauen mit Trophoblasterkrankungen, Diabetes mellitus oder polyzystischen Ovarien auf und führen in bis zu 30% der Fälle zu einer Virilisierung, mit postpartaler Normalisierung der Befunde. Veränderungen der Stimmlage sind jedoch in der Regel irreversibel. Durch eine interdisziplinäre Betreuung mit engmaschigen Verlaufskontrollen konnte eine chirurgische Intervention in der Schwangerschaft vermieden werden.