Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(06): A51
DOI: 10.1055/s-0038-1660621
Postersession: Samstag, 9. Juni 2018: 10.30 – 11.30 Uhr, Foyer
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwangerschaftseintritt unter neuen oralen Antikoagulanzien – Risiko für die embryonale Entwicklung?

W Paulus
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie
,
U Friebe-Hoffmann
2   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
K Lato
2   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
W Janni
2   Universitätsfrauenklinik Ulm
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 June 2018 (online)

 

Zielsetzung:

Die direkten Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban (Erstzulassung: 2008) und Apixaban (Erstzulassung: 2012) sollen die Thromboseprophylaxe gegenüber den parenteral applizierbaren Heparinen und den oral eingesetzten Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Phenprocoumon) vereinfachen. Bei klinisch relevanten Plasmakonzentrationen wurde ein vermehrtes Auftreten von spontanen Fehlbildungen in Experimenten mit graviden Ratten beobachtet. Aufgrund der geringen Erfahrungen raten die Hersteller zur Kontrazeption bei Behandlung mit direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK). Da bei akzidentellem Eintritt einer Schwangerschaft unter DOAK-Therapie oft ein Abbruch aus Angst vor Fehlbildungen im I. Trimenon erfolgt, sind bislang trotz ständig wachsender Verordnungszahlen weltweit nur 67 ausgetragene Schwangerschaften bekannt, darunter drei Fälle mit Fehlbildungen.

Methoden:

Im Rahmen einer prospektiven Follow-up-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2010 und 2017 21 Schwangerschaftsausgänge nach DOAK-Anwendung in der Frühgravidität dokumentiert (Rivaroxaban: n = 18, Apixaban n = 3). Nach Feststellung der ungeplanten Schwangerschaften wurde unser Zentrum von den betreuenden Fachärzten im Hinblick auf ein mögliches teratogenes Risiko kontaktiert. Drei Monate nach dem errechneten Entbindungstermin erhielten die Anfragenden einen strukturierten Erhebungsbogen zur Dokumentation von Schwangerschaftsverlauf und -ausgang.

Resultate:

Vier Patientinnen entschieden sich aufgrund der insuffizienten Datenlage zum Schwangerschaftsabbruch, drei Fälle endeten mit einem Spontanabort. 14 Schwangerschaften wurden ausgetragen, wobei die DOAK-Therapie zwischen SSW 2/3 und SSW 17/2 beendet wurde (Median: SSW 6/0). Nach Feststellung der Schwangerschaft erfolgte i.A. die Umstellung der Antikoagulation auf niedermolekulare Heparine (n = 10) bzw. Fondaparinux (n = 1). Nach komplikationslosem Schwangerschaftsverlauf wurden 14 gesunde Kinder geboren (Spontangeburt: n = 8, Sectio: n = 6). Das Geburtsgewicht der neun Mädchen und fünf Jungen lag zwischen 1.940 g und 4.300 g (Median: 3.200 g) bei einem Geburtstermin zwischen SSW 33/1 und SSW 41/5 (Median: SSW 39/2).

Diskussion:

Unsere prospektive Follow-up-Studie ließ kein teratogenes Potenzial der direkten oralen Antikoagulanzien erkennen. Allerdings sollte aufgrund der begrenzten Datenlage vor Eintritt einer geplanten Schwangerschaft auf erprobte Alternativen der Antikoagulation zurückgegriffen werden.