Hamostaseologie 1998; 18(02): 56-60
DOI: 10.1055/s-0038-1655332
Übersichtsarbeit/Review Articles
Schattauer GmbH

Thrombozytäre Hämostasedefekte bei Lebererkrankungen

D. L. Heene
1   I. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg
,
C.-E. Dempfle
1   I. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg
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27 June 2018 (online)

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Zusammenfassung

Zu den herausragenden hämatologischen Veränderungen im Rahmen von akuten und vor allem chronischen Erkrankungen der Leber gehören unterschiedlich ausgeprägte quantitative und qualitative Thrombozytendefekte. Bei chronischen Hepatopathien, insbesondere bei Leberzirrhose, wird in ca. 40-50% eine typische hepatogene Hämostasestörung angetroffen, die neben der typischen Koagulopathie in etwa 30% der Fälle durch eine Thrombozytopenie von weniger als 80000 Thrombozyten/|jl gekennzeichnet ist. Die Pathogenese der Thrombozytopathie und Thrombozytopenie ist äußerst vielschichtig. Bildungsstörungen durch Beeinträchtigung des Knochenmarks sind bedingt Ausreifungsstörungen der Megakaryozyten und Thrombozytopoese, die durch Faktoren wie Thrombopoetindysfunktion, toxische, metabolische, nutritivund medikamentös-toxische Einflüsse sowie durch Vitaminmangel bzw. Vitaminverwertungsstörungen (B12, Folsäure) hervorgerufen werden können. Metabolisch bedingte Thrombozytenmembrandefekte und ungenügende Ausstattung der Plättchen sind Ursachen für die Funktionsstörungen wie verminderte Aggregationsund Adhäsionsfähigkeit sowie Freisetzungsreaktion. Umsatzstörungen in der Zirkulation mit Thrombozytopenie können insbesondere bei chronisch aktiver Hepatitis immunologisch induziert sein, entweder durch die Präsenz von Plättchen-assoziierten IgG-Antikörpern oder Autoimmunantikörpern gegen Membranglykoproteine (GBlIb/IIla, GBIb/IX-Komplex). Weitere Pathomechanismen sind die Verbrauchsthrombozytopenie bei intravaskulären Gerinnungsprozessen im Rahmen akuter Organschädigung (Ösophagusvarizenblutung), die vermehrte Plättchensequestration und das Hypersplenie-Syndrom. Die Therapie der Thrombozytopenie ist symptomatisch und folgt bei Blutungsgefährdung den Regeln der Indikation zur Thrombozytensubstitution, im Falle nachgewiesener immunologisch induzierter Antikörper ist die Kortikoidtherapie einzusetzen. Ausschaltung metabolischer Noxen gelingt nur durch die Verbesserung der Leberfunktion.