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DOI: 10.1055/s-0038-1639271
Handlungsempfehlungen für die Arbeit mit Kindern psychisch kranker Eltern in Berlin Pankow
Publication History
Publication Date:
11 April 2018 (online)
Zwei bis drei Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland leben nach Angaben der Kinderkommission im Deutschen Bundestag in Familien, in denen ein Elternteil an einer psychischen Erkrankung leidet, etwa an einer Depression, Schizophrenie, Persönlichkeits- oder Zwangsstörung oder Borderlineerkrankung. Ca. 500.000 von ihnen leben in einer Familie mit einem allein erziehenden Elternteil.
In den letzten 10 Jahren ist das Thema Kinder psychisch kranker Eltern deutlich mehr in den öffentlichen Fokus gerückt.
Aus den vorliegenden Forschungsergebnissen und empirischen Praxiserfahrungen lassen sich die nachfolgend aufgeführten Bedarfe verallgemeinern:
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Schaffung präventiver und Resilienz fördernder Angebote für Kinder und Jugendliche
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altersgerechte Informations-, Beratungs- und Therapieangebote für Kinder und Jugendliche
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Informations- und Beratungsangebote für Eltern und Bezugspersonen
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niedrigschwellige entlastende und unterstützende Angebote für betroffene Familien
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Schaffung von Hilfenetzen und Krisenplänen zur raschen Intervention im Krisenfall
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koordinierte Behandlungs- und Hilfeplanung aller beteiligten Institutionen und Fachkräfte.
Dennoch ist in der täglichen Praxis immer wieder festzustellen, dass als eine bedeutende Hürde beim Aufbau von Hilfen für betroffene Familien die Versäulung der verschiedenen Sozialleistungsbereiche anzusehen ist:
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Leistungen des Gesundheitswesens im SGB V (gesetzliche KV)
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Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen im SGB IX
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Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII
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Eingliederungshilfe für behinderte Menschen im SGB XII.
Um eine optimale Familienförderung zu erreichen, bedarf es einer engen Kooperation sowie der Aktivierung und Bündelung bestehender Unterstützungssysteme.
Um dies zu gewährleisten, wird ein Fachverfahren zur interdisziplinären familienspezifischen Bedarfsbestimmung installiert.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Bildung eines verbindlichen interdisziplinären Gremiums, das für die Feststellung des familienspezifischen Bedarfes, die Festlegung von Maßnahmen und der Verantwortlichkeiten im Hilfesystem sowie die verbindliche Klärung der Co-Finanzierung zuständig ist. Dieses Gremium besteht aus einem festen Personenkreis aus beiden Bereichen und tagt regelmäßig monatlich. Die Falleinbringenden schlagen weitere Teilnehmer (z.B. beteiligte Kliniken oder Fachkräfte) vor. Begutachtende Fachdienste sind der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst und der Sozialpsychiatrische Dienst. Jugend- und Gesundheitsamt haben die Fachaufsicht. Beide Ämter sind für die fachliche und inhaltliche Ausgestaltung der Hilfe verantwortlich.
Die Kostenträgerschaft liegt beim Jugendamt und dem Sozialamt, hier speziell der Eingliederungshilfe.
Ansatzpunkte für bedarfsgerechte Unterstützungsstrukturen liegen v.a.:
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in der Weiterentwicklung und Stärkung der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Psychiatrie und
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in der systematischen Verankerung des Themas Elternschaft in der psychiatrischen Behandlung.