Kinder- und Jugendmedizin 2011; 11(01): 11-18
DOI: 10.1055/s-0038-1630465
Aus der Praxis für die Praxis
Schattauer GmbH

Fieberkrämpfe

Neue EvidenzFebrile seizuresNew evidence
C. Mühe
1   Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunktpraxis Neuropädiatrie, München
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received: 28 July 2010

Accepted after major revision 13 August 2010

Publication Date:
25 January 2018 (online)

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Zusammenfassung

Fieberkrämpfe stellen die häufigste neurologische Störung des Kindesalters dar. Sie betreffen 2-4 % aller Kinder. Das Zugrundeliegen einer bakteriellen Meningitis ist äußerst selten. Diese kann durch Anamnese und klinische Untersuchung mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden. Rund ein Drittel der Kinder erleidet weitere Fieberkrämpfe, wobei die Wahrscheinlichkeit durch genannte Risikofaktoren steigen kann. Das Risiko der Entwicklung einer späteren Epilepsie ist nach einfachen Fieberkrämpfen nur marginal erhöht. Die Prognose von einfachen Fieberkrämpfen ist hervorragend und unterscheidet sich nicht von der der Allgemeinbevölkerung. Eine antikonvulsive Dauertherapie zur Verhinderung weiterer Fieberkrämpfe ist nicht indiziert, die intermittierende Therapie mit Benzodiazepinen bei Fieber nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Das ohnehin nur gering erhöhte Risiko dieser Kinder später eine Epilepsie zu entwickeln, senken beide Maßnahmen nicht.

Die antipyretische Therapie ist zur Fiebersenkung sinnvoll, verhindert aber nicht das Auftreten von Fieberkrampfrezidiven.

Wichtigste Maßnahme nach einem Fieberkrampfereignis ist die beruhigende Aufklärung der Eltern hinsichtlich Ursache und Prognose. Auf die Rezidivmöglichkeit sollte hingewiesen werden. Es sollte betont Aufklärungsarbeit mit den Eltern dahingehend geleistet werden, dass die Eltern weder durch häufiges Temperaturmessen noch durch strikte antipyretische Medikation einen Fieberkrampf zuverlässig verhindern können. Hier gilt es also definitiv, falschen medizinpädagogischen Druck von den Eltern zu nehmen. Als akute Interventionsmaßnahme für den seltenen Fall eines länger als drei Minuten dauernden Anfalls sollte Diazepam rektal empfohlen werden.

Zusammenfassend heißt evidenzbasierte Therapie des Fieberkrampfes vor allem eines: adäquate Aufklärung der Eltern und damit Reduktion des Faktors Angst.

Summary

Febrile seizures are the most common neurologic disorder in childhood, occuring in 2-4 % of all children. The incidence of bacterial meningitis as a cause of febrile seizures is below 0,5 % and can be excluded by anamnesis and clinical examination. One third of children suffer under recurrent febrile seizures, the risk of recurrence increases under presence of well defined conditions. The risk of subsequent epilepsy following simple febrile seizures is not substantially increased.

The prognosis of simple febrile seizures is excellent and does not differ from the one of children without febrile convulsions. There is no indication for a continous antiepileptic medication to prevent further febrile seizures, only in rare cases an intermittend anticonvulsive therapy is justified. Furthermore the risk of subsequent epilepsy can not be reduced by chronic or intermittend antiepileptic therapy against febrile seizures. As a rule febrile seizures doe not cause hippocampal pathology, but the possibility of a spezific subgroup of children with increased vulnerability of hippocampus against febrile convulsions is discussed.

Antipyretic treatement is indicated to lower body temperature, but there is no evidence that antipyretics could significant prevent further febrile convulsions.

Most important step after a febrile seizure is a composing information of the parents about causes and prognosis. The possibility of recurrence must be pointed out. Spezific educational work has to be achieved, that parents can not prevent recurrent febrile seizures by permanent measuring of body temperature or treating with antipyretics.