Zusammenfassung
Biologische Studien konnten den Einfluss von Geschlechtshormonen auf die Feinstruktur
und Funktion des Gehirns nachweisen. Geschlechtstypische Unterschiede hinsichtlich
verschiedener Verhaltens- und Erlebensweisen können jedoch nicht einfach auf hormonelle
Einflüsse auf das Gehirn zurückgeführt werden, da sich psychische und soziokulturelle
Faktoren ebenso auf die Morphologie und Physiologie des Gehirns auswirken. Soziologische
Theorien können andererseits nicht ohne Rückgriff auf psychologische oder biologische
Theorien erklären, warum nur ein Teil der Menschen, die pathogenen psychosozialen
Bedingungen ausgesetzt sind, tatsächlich eine psychische Störung entwickeln, und warum
andere Personen trotz Fehlen dieser Bedingungen psychisch erkranken. Für das Verständnis
verschiedener psychischer Störungen erweist sich der Bezug auf die Geschlechtlichkeit
des Menschen unter Berücksichtigung biologischer, psychologischer und soziokultureller
Konzepte als paradigmatisch. Am Beispiel des Lesch-Nyhan-Syndroms und der Geschlechterverteilung
depressiver Störungen wird die Bedeutung der Geschlechtlichkeit des Menschen für das
Verständnis psychischer Störungen aufgezeigt.
Summary
Biological studies have proven the influence of sex hormones on brain structure and
function. Gender differences concerning behaviour and experience cannot simply be
attributed to hormonal influences, as psychological and socio-cultural factors also
affect brain morphology and physiology. Otherwise sociological theories cannot – without
respect to psychological and biological theories – explain why only a part of these
persons, who are exposed to pathogenic psychosocial conditions develop a mental disorder
and why other persons lacking these conditions fall mentally ill. For the understanding
of mental disorders the reference to sex and gender considering biological, psychological
and socio-cultural concepts is paradigmatic. The significance of sex and gender for
the understanding of mental disorders is illustrated by the example of Lesch-Nyhan
syndrome and the distribution of depressive disorders among men and women.
Schlüsselwörter
Geschlecht - Lesch-Nyhan-Syndrom - depressive Störungen
Keywords
Gender - sex - Lesch-Nyhan syndrome - depressive disorders