Zusammenfassung
Das Ziel unserer Studie besteht in der Evaluie-rung der psychosozialen Faktoren von
Neonatizid, im Speziellen der Umstände vor der Ge-burt, der Beziehungen der schwangeren
Frau-en und der Bewusstheit hinsichtlich der Schwangerschaft im sozialen Umfeld.
Diese Studie ist evidenzbasiert und untersucht alle bekannten Neonatizidfälle in Österreich
und Finnland zwischen 1995 und 2005. Diese (n = 28) wurden mithilfe der Todesanzeigen
der gerichtsmedizinischen Departments gefunden und anschließend alle verfügbaren Informationen
analysiert.
Nur wenige Frauen (17,9 %, 5/28) teilten ihre Schwangerschaft anderen Personen mit
und in lediglich einem Fall (1/11) bemerkte die wäh-rend der Geburt in der Wohnung
anwesende Person den Geburtsvorgang. Obwohl die meisten Täterinnen (16/28) in einer
Partnerschaft lebten, hatten die Partner nur in drei Fällen ein Wissen hinsichtlich
der Schwangerschaft. Das Hauptmotiv der Schwangerschaftsnegierung (benannt in 60,8
% der Fälle) war Angst vor dem Verlassenwerden oder vor negativen Reaktionen aus dem
sozialen Umfeld. Die Fertilitätsrate unter diesen Frauen war hoch, jedoch hatte die
Hälfte der Frauen, die schon Kinder geboren hatten, das Sorgerecht bereits ver-loren.
Bei Neonatizid ist der Mangel an Bewusstheit hinsichtlich der Schwangerschaft bei
den Täterinnen ebenso wie bei den Personen im sozialen Umfeld relevanter als jede
andere soziale Variable.
Summary
The study evaluates the psychosocial factors of neonaticide, especially the circumstances
before delivery, the relationships of the pregnant women, and their social environment's
awareness of the women's pregnancy.
This nationwide study was register-based, comprising all known neonaticides in Austria
and Finland between 1995 and 2005. Cases (n = 28) were obtained by screening the death
certificates from the coroner's departments and by analyzing them along with all further
available reports.
Few women (17.9 %, 5/28) admitted their pregnancy to others and in only one case (1/11)
realized the delivery. Although most (16/28) offenders lived in a relationship, the
partner had knowledge of the pregnancy in only three cases. The main motive for negation
of the pregnancy (stated in 60.8 % of cases) was fear of abandonment or negative response
from others. The fertility rate among the women was high, but half of those with children
had lost custody of them. Neonaticide cases show a tremendous lack of awareness surrounding
the offenders` pregnancy as well as the awareness of social environment and these
factors are more relevant than any other social variables.
Schlüsselwörter
Neonatizid - Schwangerschaftsnegierung - Mangel an sozialer Achtsamkeit
Keywords
Neonaticide - pregnancy negation - lack of social awareness