Zusammenfassung
Die akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) ist eine meist monophasische demyelinisierende
Erkrankung des ZNS, welche häufig zeitlich 1–4 Wochen nach einer Infektion oder sehr
selten nach einer Impfung auftritt. Das klinische Bild einer ADEM kann sehr variabel
sein, was insbesondere bei initial unauffälligen oder untypischen Befunden der Magnetresonanztomographie
(MRT) des Schädel die Diagnose erschwert.
Fallbericht: Ein 12-jähriger Junge klagte über seit 3 Wochen bestehende progrediente
Kopfschmerzen und zunehmendes Nüchternerbrechen. Im initialen Magnetresonanztomogramm
des Schädel waren nur zwei unspezifische hyperdense Signalintensitäten zu erkennen,
die zunächst als Hamartome interpretiert wurden. Die ophthalmologische Untersuchung
zeigte ein Papillödem mit einer maximalen Prominenz von 1,5 mm beidseits. Im Liquor
war eine Pleozytose mit 41 Mpt/l Zellen nachweisbar, der Liquorausflussdruck war deutlich
erhöht. Die Titer für Influenza B wiesen auf eine akute beziehungsweise kürzlich abgelaufene
Infektion hin. Eine bei bestehender Klinik veranlasste MRTSchädel- Kontrolle nach
drei Wochen zeigte multiple neue hyperdense Areale im Sinne einer ADEM. Unter einer
Methylprednisolon- Stoßtherapie wurde der Patient wieder beschwerdefrei, die MRT-Auffälligkeiten
und das Papillödem bildeten sich wieder vollständig zurück.
Diskussion: Ein erhöhter Hirndruck mit begleitendem Papillödem sowie Kopfschmerzen
und Nüchternerbrechen sind als hervorstechende Symptomatik einer ADEM sehr selten
beschrieben. Die der ADEM zuzuschreibende Klinik kann sich offenbar auch langsam über
mehrere Wochen entwickeln. Da in diesen Fällen möglicherweise im initialen Magnetresonanztomogramm
des Schädels teilweise noch keine eindeutigen Demyelinisierungsherde zu sehen sind,
sollte bei fortbestehenden klinischen Auffälligkeiten die zerebrale Bildgebung großzügig
kontrolliert werden.
Summary
Acute disseminated encephalomyelitis (ADEM) is a monophasic demyelinating disease
of the CNS that is usually associated with an infection or rarely with a vaccination.
As the clinical presentation is often very variable diagnosis can be difficult in
cases with initially normal or uncommon findings in the magnetic resonance imaging
(MRI) of the brain. Case report: A 12-years-old boy complained about progressive headaches
and vomiting. The initial MRI of the brain showed only two unspecific hyperdensic
signals that were interpreted as hamartomas. A bilateral papilledema with a maximal
prominence of 1.5 mm was found in the ophthalmological examination. Liquor analysis
showed a pleocytosis with 41 Mpt/l and lumbar CSF opening pressure was increased.
Serology for influenca B indicated an acute or recent infection. Control of the MRI
of the brain after three weeks revealed multiple new hyperdense lesions and confirmed
the diagnosis of an ADEM. A methylprednisolone pulse therapy led to a complete regression
of all symptoms as well as the pathological MRI findings and the papilledema.
Discussion: Increased intracranial pressure with papilledema accompanied with headaches
and vomiting are rarely described as the main symptoms of an ADEM. It seems that the
symptom complex of the disease might develop sometimes slowly over a course of several
weeks. Therefore an initial MRI of the brain can be normal or without the typical
demyelinating lesions. Continuing symptoms should encourage repeated controlling of
the cerebral imaging in order to diagnose uncommon presentations of an ADEM.
Schlüsselwörter
Akute disseminierte Enzephalomyelitis - erhöhter Hirndruck - Stauungspapille - Methylprednisolon
Keywords
Acute disseminated encephalomyelitis - intracranial hypertension - papilledema - methylprednisolone