Zusammenfassung
Das medizinische Sachverständigengutachten ist für das sozialgerichtliche Verfahren
von zentraler Bedeutung. In den 14 000 Verfahren, die beispielsweise das Sozialgericht
Düsseldorf jährlich erledigt, werden fast 6 700 medizinische Sachverständigengutachten
eingeholt. Diese dienen nicht nur als Grundlage der gerichtlichen Entscheidung, sondern
beeinflussen die Möglichkeit des Gerichts, nachhaltigen Rechtsfrieden zu erzielen.
Dieses gelingt umso häufiger, je höher das Kohärenzerleben des Klägers in der Untersuchungssituation
gewesen ist, wie die im Jahr 2012 bei dem Sozialgericht Düsseldorf durchgeführten
Studie “Das rundum gute Gutachten” zeigt. Maßgebend ist damit ist die Nachvollziehbarkeit
des Sachverständigengutachtens. Der Beitrag nennt die kohärenzfördernden Aspekte der
Tätigkeit des medizinischen Sachverständigen. Weiter stellt der Beitrag die rechtlichen
Grundlagen des Sachverständigenbeweises dar. Er betrachtet insbesondere den Untersuchungsgrundsatz
des § 103 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (“Das Gericht erforscht den Sachverhalt von
Amts wegen.”), der dem Gericht die Verantwortung für die umfassende Aufklärung des
Sachverhalts überträgt. Dieses muss sich volle Überzeugung von den beweiserheblichen
Tatsachen verschaffen und kann sich dabei des Sachverständigenbeweises bedienen. Der
Beitrag befasst sich in diesem Zusammenhang mit den Aspekten Auswahl des Sachverständigen,
Pflichten des Sachverständigen und Ablehnung von Sachverständigen wegen Besorgnis
der Befangenheit. Der tatsächliche Ablauf einer Begutachtung wird ebenfalls geschildert.
Schließlich wird die besondere Situation der Begutachtung von Klägern mit Migrationshintergrund
behandelt. Hier ergeben sich spezifische Schwierigkeiten durch Sprach- und Kulturbarrieren,
die durch Dolmetscher einerseits sowie eine besondere Sensibilität und Kommunikationskompetenz
des Sachverständigen überwunden werden können. Einem hohen Qualitätsanspruch genügt
ein Sachverständigengutachten in jedem Fall, wenn die Zusammenarbeit von Gericht und
Sachverständigem von Transparenz geprägt ist.
Summary
The medical expert report is of essential importance in the social court proceedings.
Nearly 6,700 medical expert reports are obtained for the 14,000 court proceedings
which are to be dedicated per year for instance by the social court in Duesseldorf.
The reports serve as basis of the court’s decision. Furthermore, they influence the
court’s ability to reach sustainable justice. This occurs more frequently the higher
the plaintiffs sense of coherence war during his examination situation. This was shown
2012 in the study “The complete right expert report”, carried out by the social court
Duesseldorf. Comprehensibility is crucial. The article shows the encouraging aspects
of coherence in respect of a medical expert’s activity. Moreover, the article illustrates
the legal basis of an expert’s evidence. In particular it considers the inquisitorial
principle as laid down in article 103 sentence 1 Social Courts Act (“The court investigates
the facts ex officio.”), which transfers the responsibility to the court to comprehensively
investigate the facts. It has to persuade itself with the evidentiary facts and make
use of an expert’s evidence. The article deals with the aspects selection of experts,
duties of experts and rejection of experts due to bias. Also the process of an evaluation
is described. Finally, the article shows the specific situation of evaluation of plaintiffs
with migrant background. In this context specific problems result of language and
cultural barriers, which may be overcome by an interpreter and specific sensitivity
and communication skills of the expert. An expert’s report meets the high standard
of quality, if court and expert work together in a sense of transparency.
Schlüsselwörter
Sozialgerichtliches Verfahren - Sachverständigengutachten - Kohärenzerleben - Kläger
mit Migrationshintergrund
Keywords
Social court proceeding - expert reports - sense of coherence - plaintiffs with migrant
background