Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2005; 33(06): 411-418
DOI: 10.1055/s-0038-1624088
Wiederkäuer
Schattauer GmbH

Untersuchungen zum Auftreten der Gebärparese in verschiedenen Regionen Deutschlands und zum Einsatz unterschiedlicher Therapien im Vergleich zur Kalziuminfusion[*]

Teil 1: Klinische Symptome und Verhalten der MengenelementeExaminations on the occurrence of parturient paresis in various regions of Germany and the use of different medications compared to calcium infusionPart 1: Clinical signs and major element concentrations
C.-Ch. Gelfert
1   Aus der Klinik für Wiederkäuer (Leiter: Prof. Dr. W. Baumgartner) der Veterinärmedizinischen Universität Wien
,
Stefanie Lesch
2   Klinik für Klauentiere (Leiterin: Prof. Dr. Karin Müller) der Freien Universität Berlin
,
I. Alpers
2   Klinik für Klauentiere (Leiterin: Prof. Dr. Karin Müller) der Freien Universität Berlin
,
Mareike Decker
2   Klinik für Klauentiere (Leiterin: Prof. Dr. Karin Müller) der Freien Universität Berlin
,
A. Hüting
2   Klinik für Klauentiere (Leiterin: Prof. Dr. Karin Müller) der Freien Universität Berlin
,
W. Baumgartner
1   Aus der Klinik für Wiederkäuer (Leiter: Prof. Dr. W. Baumgartner) der Veterinärmedizinischen Universität Wien
,
R. Staufenbiel
2   Klinik für Klauentiere (Leiterin: Prof. Dr. Karin Müller) der Freien Universität Berlin
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Eingegangen: 07 July 2005

akzeptiert: 19 May 2005

Publication Date:
05 January 2018 (online)

Preview

Zusammenfassung

Gegenstand und Ziel: Die Studie untersuchte das Auftreten der Gebärparese bei Milchkühen in verschiedenen Regionen Deutschlands. Material und Methoden: Im jeweiligen Einzugsgebiet von vier Tierarztpraxen (A–D) wurde ein Jahr lang das Auftreten der Gebärparese bei Milchkühen beobachtet. Nach einer eingehenden Anamnese erfolgte bei jeder festliegenden Kuh eine klinische Untersuchung. Vor der Therapie wurde eine Blutprobe genommen und die Serumkonzentrationen von Kalzium, Phosphor und Magnesium bestimmt. Ergebnisse: Die Gebärparese trat in allen Regionen am häufigsten bei Kühen im Alter von vier bis sechs Jahren auf. Dies bestätigt den Trend in der Altersentwicklung früherer Untersuchungen. In Praxis B in Nordniedersachsen gab es auffallend mehr Tiere mit einem gestörten Sensorium (88,0%) als in den anderen Praxen (15,2–21,0%). Entsprechend kamen in dieser Praxis auch mehr festliegende Tiere mit Untertemperatur vor (40,0%). In Praxis A in Baden-Württemberg ergaben sich Unterschiede zwischen Fleckvieh- (FV) und Holstein-Friesian-Kühen (HF). HF-Kühe zeigten häufiger Untertemperatur (p = 0,0035) sowie eine kühlere Körperoberfläche (p = 0,001). Zudem war bei ihnen häufiger (p = 0,006) ein kombinierter Abfall der Kalzium- und Phosphorkonzentrationen im Serum festzustellen als bei FV-Kühen (74,6 vs. 54,2%) und sie hatten statistisch gesichert niedrigere Kalzium- (p = 0,001) und Phosphorwerte (p = 0,015). Festliegende Kühe, die nur einen erniedrigten Phosphorspiegel aufwiesen, waren in den drei norddeutschen Praxen (B–D) in weit geringerem Ausmaß zu finden als in Praxis A. Schlussfolgerung und klinische Relevanz: Die Gebärparese tritt zunehmend bei jüngeren Tieren auf. Dies kann durch die züchterische Fixierung auf eine hohe Milchleistung bedingt sein. Bei 80% aller Kühe lag ein deutlich verminderter Kalziumspiegel vor. Damit ist eine Hypokalzämie immer noch die Hauptursache für das Festliegen von Milchkühen im peripartalen Zeitraum.

Summary

Objective: The aim of the study was to investigate the occurrence of parturient paresis (PP) in different regions in Germany. Material and methods: In four veterinary practices (A–D) in different regions of Germany, all cows which became recumbent around parturition were included in the study for a period of one year. After recording case history all animals were clinically examined. Before treatment a blood sample was taken from the jugular vein to measure serum concentrations of calcium, phosphorus and magnesium. Results: In each of the involved regions, PP occurred mainly in cattle aged four to six years. This confirmed the results of previous studies, that more and more young cows run the risk of PP. In practice B in North-Lower- Saxony, the majority of the recumbent cows (88.0%) had a disturbed sensorium, which was contrary to the other practices (15.2–21.0%). In this practice more cows also displayed a low body temperature (40% vs. 7.6–19.4% in the other practises). In practice A, the frequency of some clinical symptoms differed between Holstein-Friesian (HF) cows and Simmental (S) cows. More HF-cows had a low body temperature (p = 0.0035) and a reduced temperature of the body surface (p = 0.001) than S-cows. They also showed lower serum calcium- (p = 0.001) and phosphorus concentrations (p = 0.015). Therefore more HF-Cows suffered from PP-Type I (low calcium- and phosphorus levels) than S-cows (p = 0.006). Compared to the practices B–D more cows in practice A only had reduced phosphorus levels. Conclusion and clinical relevance: PP occurres more and more in younger cows which might be a result of the increased milk yield due to breeding programmes. In 80% of all cows, a low calcium level was found. Hypocalcaemia is still the major cause that dairy cows become recumbent in the peripartal period.

* Herrn Prof. Dr. Dr. mult. h. c. Gerrit Dirksen zum 80. Geburtstag gewidmet.