Kinder- und Jugendmedizin 2005; 5(03): 141-143
DOI: 10.1055/s-0037-1617855
Vergiftungen
Schattauer GmbH

Rätselhafte Bläschen an Händen und Mundschleimhaut bei einem 15 Monate alten Mädchen: Intoxikation durch Dieselöl

Skin and mucosa lesions caused by contact intoxication with fuel in a 15-month-old girl
Matthias K. Bernhard
1   Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig (Direktor: Prof. Dr. med. W. Kiess)
,
Andreas Merkenschlager
1   Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig (Direktor: Prof. Dr. med. W. Kiess)
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Publikationsverlauf

Eingegangen: 15. Dezember 2004

angenommen: 03. Januar 2005

Publikationsdatum:
11. Januar 2018 (online)

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Zusammenfassung

Akzidentelle Vergiftungen ereignen sich am häufigsten im Kleinkindesalter. Der weit verbreitete Gebrauch von aliphatischen Hydrokarbonen wie Dieselöl begünstigt Intoxikationen. Die Ingestion von Dieseltreibstoff birgt insbesondere die Gefahr einer Aspirationspneumonie. Akute Hauttoxizität ist hingegen selten.

Ein 15 Monate altes Mädchen entwickelte nach vorausgegangenem Erbrechen und einer mehrere Stunden andauernden Lethargie innerhalb von 24 Stunden zahlreiche bläschenartige Hautläsionen, die teilweise ulzeriert waren, an den Fingern, der Handinnenfläche sowie perioral. Die Wangen- und Gaumensegelschleimhaut zeigten mehrere kleine Ulzera, die weißlich belegt und hämorrhagisch waren. Zunächst wurde eine Hand-Fuß-Mund-Krankheit vermutet. Durch ausführliche Anamnese konnte jedoch festgestellt werden, dass das Kind am Tag zuvor in einem Sandkasten gespielt hatte, der durch ein Leck in einem daneben stehenden Dieselöltank kontaminiert gewesen war. Eine pulmonale oder hepatische Beteiligung konnte nicht nachgewiesen werden. Die Läsionen heilten vollständig unter antiseptischen Verbänden innerhalb einer Woche ab.

Man nimmt an, dass Dieselöl primär das Stratum corneum der Haut schädigt. Kinder sind aufgrund ihrer gegenüber Erwachsenen dünneren Hornhaut gefährdeter. In seltenen Fällen können sich Vesikel, Ulzera und Hämorrhagien entwickeln, die mit Infektionskrankheiten verwechselt werden können.

Unstimmigkeiten bei klinischen Befunden sollten insbesondere bei Kleinkindern immer an mögliche Intoxikationen denken lassen.

Summary

Accidental poisoning cases happen most often in infants. The wide use of aliphatic hydrocarbons such as fuel furthers intoxications. Ingestion of fuel involves especially the risk of aspiration pneumonia. Acute dermatotoxicity is rare, however.

A 15-month-old girl developed multiple blister-like vesicles that were partially ulcerated at the fingers, the palm and perioral occurring within 24 hours after a short preceding episode of vomiting and lethargy. The mucosa of the bucca and velum showed several ulcers with white coating and haemorrhages. Hand-foot-mouth disease was primarily diagnosed. Thorough history taking revealed that the child had played in a sandbox that was contaminated with fuel dropping from a leakage in an engine tank. No pulmonal or hepatic signs occurred and the lesions healed completely under antiseptic covering within a week.

The primary acute toxic effect of fuel is supposed to damage the stratum corneum barrier. The thinner stratum corneum in infants is much more likely to be damaged compared to adults. This leads in rare cases to vesicles, ulcers and haemorrhages that can be confused with infectious diseases. Inconsistency in clinical findings should always encourage the search of possible intoxication, especially in toddlers.