Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607901
Poster
Bindung, Wochenbett, Stillen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

General Movement Assessment und prälinguistische Sprachanalyse bei einem Säugling mit Prader-Willi-Syndrom

C Barones
1   Klinische Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
A Scheuchenegger
1   Klinische Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
U Maurer-Fellbaum
1   Klinische Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
E Ziehenberger
1   Klinische Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
FB Pokorny
2   iDN- interdisciplinary Developmental Neuroscience, Klinische Abteilung für Phoniatrie, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
KD Bartl-Pokorny
2   iDN- interdisciplinary Developmental Neuroscience, Klinische Abteilung für Phoniatrie, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
C Einspieler
2   iDN- interdisciplinary Developmental Neuroscience, Klinische Abteilung für Phoniatrie, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
B Urlesberger
1   Klinische Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
J Pansy
1   Klinische Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
,
PB Marschik
1   Klinische Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Austria
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

In diesem Fallbericht geht es um einen reifgeborenen Säugling, der bereits am 2. Lebenstag (LT) durch Lethargie, erniedrigten Muskeltonus, Trinkschwäche und Hypoglykämie (35 mg/dl) auffällig wurde. Daher wurde eine humangenetische Untersuchung durchgeführt, welche die Verdachtsdiagnose eines Prader-Willi-Syndroms (PWS) bestätigte. Neugeborene (NG) mit PWS haben neben einer Vielzahl an Defiziten eine verzögerte neuromotorische Entwicklung. Bei anderen genetischen Erkrankungen wie z.B. dem Down- oder Rett- Syndrom wurden schon abnormale General Movements (GMs) beschrieben- wie sind diese bei unserem Patienten mit PWS? Wir untersuchten auch, ob es bereits mit 6 Monaten Auffälligkeiten in der frühen Sprachentwicklung gibt.

Methodik:

Prechtl's General Movement Assessment (GMA) zur Beurteilung der Spontanbewegung von NG, ist eine nichtinvasive, verlässliche und sensitive Methode neuromotorische Dysfunktionen von Früh- NG früh zu erkennen. Das GMA wurde anhand von routinemäßig erhobenen Videoaufnahmen durchgeführt. Weiters wurde auf Grundlage eines 10-minütigen Videos (im Alter von 6 Monaten) der prälinguistische Entwicklungsstand anhand des „Stark Assessment of Early Vocal Development – Revised“ unseres Patienten evaluiert.

Ergebnis:

Das globale GMA wurde zum ersten Mal am 8. LT erhoben und mit „hypokinetic“ befundet. Die zweite Analyse am 15. LT zeigte „Poor-Repertoire (PR) GMs“ und der detaillierte General Movement Optimality Score lag bei 22 von 42 möglichen Punkten. Da im Alter von 11+2 Wochen (W) in der globalen Analyse noch keine Fidgety Movements (FMs) beobachtet werden konnten, wurde diese mit 17+1 Wochen wiederholt. Erst dann zeigte unser Patient normale FMs. Bei diesen beiden GMAs zw. 3 – 5 Monaten war ein insgesamt monotones, nicht altersadäquates Bewegungsmuster auffällig. Mit einem postmenstruellen Alter von 11+2 W konnte in der detaillierten Analyse ein MOS von 6 Punkten und mit 17+1 W 20 Punkte (von maximal 28) erhoben werden. Mit 27+2 W hatte unser Patient nach wie vor FMs und es wurden 24 der 28 möglichen Punkte erzielt. Die Sprachanalyse ergab insgesamt ein altersadäquates Bild. Bestimmte, komplexere Vokalisationstypen, die bei sich normal entwickelten Kindern bereits ab einem Alter von 5 Monaten beobachtet werden können, waren im analysierten Videoausschnitt nicht vorhanden. Zudem fiel eine gewisse Monotonie in der Realisation mancher Vokalisationstypen auf.

Schlussfolgerung:

Bei unserem Patienten zeigten sich wie bei anderen genetischen Erkrankungen abnormale GMs (PR) kurz nach der Geburt. FMs und die für 3 – 5 Monate typischen Bewegungsmuster traten deutlich verzögert auf. Die Sprachanalyse ergab ein weitgehend unauffälliges Gesamtbild. GMA und prälinguistische Sprachanalyse an einer größeren PWS-Kohorte könnte Zusammenhänge zwischen der frühen Entwicklung und späteren neurologischen Defiziten aufzeigen, womit sich neue Möglichkeiten für die prognostische Beratung und frühe therapeutische Interventionen ergeben könnten.